Einzelnen Beitrag anzeigen
  #1  
Alt 17.03.2017, 16:38
Zwurgl Zwurgl ist offline
Neuer Benutzer
 
Registriert seit: 17.03.2017
Beiträge: 5
Daumen hoch Nierenzellkarzinom, rechzeitig gefunden, Niere raus, erstmal davongekommen.

Liebe Forum-Gemeinde,

ich habe hier in den letzten Wochen aus naheliegenden Gründen mitgelesen, weil mich das Thema Nierenkrebs auf einmal auch betroffen hat. Ich würde hier gerne meinen Fall kurz schildern, obwohl ich mir gleichzeitig unsicher bin, ob das angemessen ist: Hier ist soviel Schicksal, Kraft, Mut und auch Traurigkeit unterwegs, dass ich mir fast anmaßend vorkomme, weil meine Geschichte bislang recht kurz war und – bisher zumindest – gut ausgegangen ist.

Irgendwann im Herbst 2016 ist mir – Mann, 50 Jahre, beschwerdefrei – über einen gewissen Zeitraum eine etwas zu dunkle Farbe des Urins aufgefallen. Einfach wie als würde ich zu wenig trinken. Nach einiger Zeit, nach wie vor völlig ohne Schmerzen oder anderen Beschwerden, kam mir das seltsam vor und erwähne das meiner Frau gegenüber, dass ich wohl mal zum Arzt sollte. Sie zieht mir die Ohren lang und schickt mich sofort zur Hausärztin. Diese schaltet nach der Urinprobe sofort und schickt mich mit ernstem Gesicht zur Urologin. Die Urologin schickt mich sofort mit ernstem Gesicht in die Klinik, in der zweimal aufwändig endoskopisch versucht wird, mit dem Gerät in die Niere hochzuwandern um dort eine Stelle zu untersuchen, die sich auf dem CT als dubios darstellt. Jedesmal 2-3 Tage Aufenthalt weil der Eingriff unter Vollnarkose erfolgt.

Nach dem zweiten Eingriff stellt sich der Chefarzt – wieder mit ernstem Gesicht – vor mich hin und sagt, „Wir möchten ihnen noch in diesem Monat die Niere rausnehmen. Wahrscheinlich ganz.“ Das ist dann doch erstmal ein Schock. Aber gut. Ich habe ja zwei davon und alle beruhigen mich, der gefundene Tumor sei noch recht klein – ca 3cm – und habe anscheinend noch nicht angefangen zu streuen. Und noch war immer noch unklar, was ich denn eigentlich habe: Ein Onkozytom? (gutartig, aber auch daran könne man verbluten). Oder doch einen echten Nierenkrebs, und wenn ja welchen? Und wozu CTs und endoskopische Expeditionen, wenn die das über Wochen nicht klären können? Ich war nachhaltig verwirrt.

Ende Februar haben sie mir dann die rechte Niere komplett rausgenommen. Großer Schnitt – ich hatte auf minimal-invasiv gehofft. Ansonsten fast ein Spaziergang. Alles ging glatt, alle super freundlich, ich konnte am dritten Tag aufstehen, nach einer Woche heim, direkt danach wieder (langsam) Radfahren.

Ein wenig länger hat es gebraucht, bis die endgültige Diagnose da war: Chromophobes Nierenzellkarzinom. (T1a, NX, MX, G1, L0, V0, R0) Zitat der Pathologin: „Wenn ich schon einen Tumor haben sollte, dann würde ich gerne den haben wollen.“

Auf meine Frage, wenn das bei mir so glatt gelaufen ist – auffällige Farbe des Urins selbst entdeckt, zur Hausärztin, zur Urologin, in die Klinik, Entscheidung raus das Ding, fertig – warum sterben denn dann Leute an dieser Sache, meinte die Urologin „Sie haben einfach Glück gehabt: Oft bluten die halt nicht so auffällig, sondern wachsen im Verborgenen und ohne Beschwerden weiter …“

Ok, Glück gehabt also. Da denke ich viel drüber nach derzeit... Ich war die ganze Zeit mental nicht in Krisenstimmung und bin immer davon ausgegangen, dass die das wohl schon in den Griff kriegen. „Machen Sie sich keine Sorgen, Sie sind früh dran.“ Viele um mich herum, allen voran meine Frau, waren da gleich ganz anders alarmiert.

Jetzt sagt die Urologin, ich dürfe mich als geheilt betrachten. Aber: Sie wird mich weiter beobachten: Ca. alle sechs Monate mal mit CT gucken, wie es mir denn so geht, Lunge, Bauch etc. „Als wäre es ein klarzelliges Nierenzellkarzinom gewesen.“ (gilt als gefährlicher als "mein" chromophobes NZK) Ah, ok, meinetwegen.

Was bleibt ist die Narbe, die mich noch ein wenig auf Trab hält – ich niese derzeit ungern, weil ich fast das Gefühl habe, damit sprenge ich die Narbe wieder auf. Unangenehm. Aber das wird sich wohl auch bald geben und ich hoffe, dass ich bald wieder richtig hergestellt bin. Luxusprobleme! Fazit: Alles ist super gelaufen, alle haben rasch reagiert, alle konnten immer sofort mir als regulärem Kassenpatienten Termine bereitstellen, die Urologin antwortet Sonntag abends auf Mails, die im Krankenhaus waren trotz Stress sehr aufmerksam; vielleicht zeitweise ein wenig ratlos, weil mein Tumortyp dem Vernehmen nach eher selten war.

Vielleicht bin ich so gestrickt aber ich nehme den Spezialist*innen um mich rum einfach mal ab, dass die Geschichte hier wahrscheinlich endet und ich davon auch bei den nächsten Kontrollen nichts mehr höre.

Gibt’s dennoch eine Moral von der Geschicht? Außer „Glück gehabt“ vielleicht nur, dass ich alle nur ermutigen kann, rechtzeitig auf kleine Signale zu hören, die der Körper aussendet. Ich bin - naja: war – auch immer eher jemand der erst dann zum Arzt geht, wenn es gar nicht anders geht. Das hätte in diesem Fall hier auch böse ausgehen können. Wer weiß wie es ausgesehen hätte, wenn ich nochmal einige Monate untätig geblieben wäre oder erst gar nichts gesehen hätte? Aber die, die das hier lesen, wissen das sicher und die, die Ihre Krebs-Geschichte noch vor sich haben, lesen das hier sicher nicht. Naja.

Ich drücke allen hier so fest die Daumen, dass Ihr alles nötige „Glück habt“ auf Eurem Weg und wünsche euch alles Gute und viel Kraft.

Geändert von Zwurgl (08.09.2022 um 16:20 Uhr)
Mit Zitat antworten