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Alt 29.05.2011, 19:01
Olli-Minden Olli-Minden ist offline
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Standard AW: Besser als ein Lottogewinn

Hallo ihr Lieben,

nachdem ich an dieser Stelle nun erneut längere Zeit nichts mehr über den Gesundheitszustand meiner Mutter habe verlauten lassen, möchte ich euch heute mal wieder auf den neusten Stand der Dinge bringen.

Vorab - und das ist wohl das wichtigste - meiner Mutter geht es soweit gut.
Die Operation, bei der ihr beide Brüste und alle Lymphknoten auf der linken Seite entfernt wurden, liegt inzwischen gute drei Monate (wie doch die Zeit vergeht ) zurück.
Für eine Frau von fast 74 Jahren hat sie sich überdurchschnittlich schnell erholt und auch der Zusammenbruch in der Praxis ihrer Frauenärztin war wohl "nur" ein Sturm im Wasserglas. Im Krankenhaus wurde eine leichte Herzinsuffizienz festgestellt, die nach Aussage der Ärzte allerdings nicht als dramatisch einzustufen ist. Der Kollaps an sich sei viel eher auf eine kurzfristige seelische Überlastung zurückzuführen.

Mittlerweile hat meine Mutter auch die Strahlentherapie weitestgehend nebenwirkungsfrei abgeschlossen. Lediglich einmal sind während dessen ihre Blutwerte leicht aus dem Ruder gelaufen und sie musste für zwei Tage pausieren. Meine Mutter war noch nie ein besonders wehleidiger Mensch, aber in dieser Hinsicht bin ich doch fast versucht zu sagen, dass sie hat eine Konstitution hat, wie ein Maultier.

Die Tabletten (Tamox), die sie nehmen muss, verursachen bei ihr manchmal Hitzewallungen, die sie humorvoll als ihre "zweiten Wechseljahre" bezeichnet. Alles in allem ist sie zu einem großen Teil wieder die Frau, die sie war, bevor die Diagnose Brustkrebs in ihr Leben trat. Sie genießt es, an Sonntagen wie heute des Mittags ihre Familie um sich zu versammeln und ihre Lieben mit einem leckeren Braten zu verwöhnen. Der normale Alltag gibt ihr Kraft, sagt sie immer. Die Tatsache, dass sie als Hoch-Risiko-Patientin eingestuft wird, ignoriert sie erfolgreich. Nur ganz selten kommt doch einmal die Angst in ihr hoch. Dann verzieht sie sich in ihr stilles Kämmerlein, zerdrückt ganz allein für sich ein paar Tränen und kehrt jedes Mal mit einem Lächeln im Gesicht wieder zurück.
Am 07.06. fährt sie für drei Wochen zur Reha nach Bad Oexen. Vor 30 Jahren war schon meine Großmutter (väterlicher Seits) nach ihrer UL Operation dort. Die ursprünglich für Mai geplante erste Kontrolluntersuchung nach der OP hat noch immer nicht stattgefunden. Es heißt, die bestrahlte Körperregion sei noch "zu warm".
Was auch immer das bedeuten mag. Ich hoffe inständig, dass diese Untersuchung nun während der Reha endlich nachgeholt wird.

Was mich betrifft, so haben mich die letzten vier Monate demütig und nachdenklich gemacht. Für Kleinigkeiten, die ich früher nur zu oft als selbstverständlich betrachtet habe, bin ich meiner Mutter heute sehr dankbar. Die Angst vor einem Rezidiv, vor Fernmetastasen oder was auch immer da noch kommen könnte, ist ständig in mir präsent und knabbert enorm an meinen Nerven. Auch wenn ich inzwischen stark auf die Vierzig zugehe und schon längst selbständig bin, möchte ich meine Mutter nicht verlieren.
Ich wünsche mir, dass sie 120 Jahre alt wird und mich noch lange liebevoll "ihren Kleinen" nennt.

Auch möchte ich an dieser Stelle noch zwei Zitate einfügen, die ich je aus einem Beitrag von Irmchen und Monika in Undines Thread entnommem habe:
Zitat:
Ich bin unendlich dankbar für die Unterstützung hier...Gleichgesinnte sind etwas sehr kostbares.
Zitat:
Ich muss sagen, dass an sich fremde Menschen mit dem gleichen Schicksal - sei es als Betroffener oder als Angehöriger - gefühlsmäßig für mich im Moment viel mehr rüber bringen, als einige vertraute Menschen aus meinem Umfeld.
Diese Aussagen kann und will ich Wort für Wort für mich übernehmen.
Ich habe in diesem Forum Menschen kennen gelernt, die mir innerhalb kürzester Zeit sehr ans Herz gewachsen sind und die ich nicht mehr missen möchte.
Das ist für euch: : . Ich bin soooo dankbar, dass es euch gibt...


Liebe Grüße und bis bald
Oliver
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