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Alt 08.04.2012, 20:03
Odelbie Odelbie ist offline
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Standard AW: Wie sage ich es unserer Tochter ?

Liebe Sjarissa,


Herzlichen Dank für deine offenen Worte.
Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen mit deiner Frage ob mein Mann weiss das es keine wirkliche Hilfe mehr gibt.
An dem Tag, als uns am 24.02.2012 in einem langen Gespräch erklärt wurde was meinem Mann fehlt, konnte er das ganze Gespräch wohl nicht wirklich aufnehmen. Man zeigte uns die Bilder, erklärte die Streuung von Metastasen. Und erklärte uns das eine Op nicht möglich sei, weil der Tumor am Schädelknochen ist. Der Arzt sagte uns, wir haben nur die Möglichkeit der Chemotherapie und Strahlentherapie . Gut sagte mein Mann, wenn das möglich ist, dann machen wir das.
Er kämpft sich durch. Ich weiß nicht ob er mir was vorspielt. Wir reden viel über vergangene Jahre, über Dinge die er erlebt hat und nicht gut fand. Er erzählte mir, das sein Leben ab dem Zeitpunkt als sein Papa starb verändert war. Wie seine Geschwister mit uns umgegangen sind und wie diese Geschwister in der Wohnung des Vaters gewühlt haben, als er noch nicht unter der Erde war. Und plötzlich sagte mein Mann: Grit ich möchte nicht alleine sterben. Hilf mir und sei bei mir. Ich sagte ihm, na klar bleibe ich an deiner
Seite. Sein Papa starb ganz allein. Das hat uns damals sehr geschockt. Keiner hat uns was gesagt.

Ich weiß nicht ob mein Mann mir gegenüber Stärke beweisen will und mir nicht sagt wie seine Gefühle Achterbahn fahren. Wir haben eine Patientenverfügung gemacht und unser Testament. Wir Sprachen über die Beerdigung. Und als diese Sachen fertig besprochen waren, wollte mein Mann nichts mehr hören vom sterben. Er will nicht sterben, will kämpfen und nicht aufgeben. Ich würde mir wünschen, das er es schafft. Ich gönne Ihm ein langes Leben. Aber ich kann mit Ihm nicht mehr darüber sprechen was uns erwarten wird. Er bekommt die doppelte Dosis Morphium. Er schläft 23 Stunden am Tag . Er kann seine Gedanken nicht sammeln. Kann einem Gespräch nicht lange folgen. Er merkt es auch nicht, das er immer schwächer wird. Merkt er es wirklich nicht oder will er mir zeigen wie gut er es verarbeitet .
So kenne ich meinen Mann nicht wirklich. Wir haben sein Bett im Wohnzimmer stehen, so hätte er immer eine Ansprache. Aber er schläft.

Versteckt er sich ? Will er uns damit Mut machen ? Uns nicht zur Last fallen ?
Ab Dienstag fahren wir wieder zur Stahlenklinik. Und nächsten Sonntag bringe ich meinen Mann für eine Woche in die Strahlenklinik . Da bekommt er den 2. Block Chemotherapie und Strahlentherapie zusammen. Davor hat er Angst. Das möchte er nicht wirklich. Versteckt er sich davor ? Ich weiß es nicht.

Bin vollkommen Ratlos. Er würde seiner Tochter nie sagen , das er sterben wird weil er so schwer erkrankt ist. In all den Jahren drückte sich mein Mann unbequeme Dinge unserem Kind zu sagen oder zu erklären.Das habe immer ich übernommen. Und auch jetzt muss ich unserer Maus alleine erklären was los ist.
Ein Gefühl . Wir werden diese Woche vom 20.02- 25.02.2012 nie vergessen. Am 20.2 starb unsere Meersau,am 21.02. erkrankte unser Hund, am 24.2. erhielten wir die Diagnose meines Mannes und am 25.02. starb unsere Katze.
All die Dinge in einer Woche. Da war mir der Hals wie zugeschnürt. Und er ist s noch immer.


Danke fürs zuhören.

LG Grit
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