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Alt 12.06.2012, 08:04
Odelbie Odelbie ist offline
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Standard AW: Wie sage ich es unserer Tochter ?

Hallo ,


Nun möchte ich hier gern wieder ein paar Zeilen hinterlassen.

Fast jeden Tag bin ich hier im Forum. Lese still und leise von ganz vielen Betroffenen die Hilferufe, Trostzeilen, traurige Erfahrunfen und Ängste.

Das Leben ist lange ein anderes Leben geworden. Wenn ich mich selber nehme, dann erwische ich mich immer wieder, das ich in das Muster zurückfalle, als unsere Tochter auf die Welt kam. Atmet sie ? Liegt sie gut ? Drückt nichts am Körper ? Ist das Essen nicht zu heiß ? Ist alles sauber ?
Genau in diesem Umfang geht es mir jetzt mit meinem Mann. Dabei vergesse ich mich. Ich will keinen Moment verpassen. Es bringt ein zur Verzweiflung . Es macht Müde.
Die Gespräche mit den Ärzten ist jetzt sehr freundschaftlich. Es tut gut. In der Zeit wo mein Mann in der Bestrahlungsbehandlung ist, da ist die Einzigste Zeit, wo ich abschalte. Dann lese ich diese Minuten einen Bericht aus der Zeitung oder schaue mir nur die Bilder im Wurstblatt an. Ich atme tief durch und versuche zu verstehen, warum wir diese Behandlung machen.
Viele denken, bestimmt genau so. Mir kommen wieder diese Gedanken. Warum gibt es keine Hilfe ? Warum geht es kranken so schlecht durch diese harten Behandlungen ? Muss as so sein ? Wer dachte schon groß an Krebs ? Wer hat sich damit beschäftigt, bevor es selbst in der Familie diese Krankheit gab ?

Bei uns wird der Krebs der Sieger sein. Dabei denke ich mir dann immer, warum gibt es kein wirkliches Mittel diesen Krebs zu besiegen ? Er frisst sich in dem Körper meines Mannes durch. Egal wo. Er nimmt was er bekommen kann. Da spielt die Chemo wohl keine Rolle. Wenn man Ameisen zu Hause hat, dann legt man einen Köder aus. Bei Ratten macht man das auch und dann irgendwann sind die Tiere verschwunden. Und hier ? Hier frisst der Krebs weiter bzw. Bevor er zerstört wird zerstreut er sich. Warum hat es da in der Forschung kein Mittel. Ein Mittel für alles ? Die Tiere die bekämpft werden mit diesen Giften, schlafen dann sanft ohne Schmerzen ein.
Nehme ich nun die Behandlung meines Mannes, dann spüre ich, wie er Stück für Stück stirbt. Dabei wollten wir doch die Behandlung um den Krebs zu töten.

Ich kann es nicht verstehen. Ich will es auch nicht verstehen. Weil man die Wahrheit nicht hören will. Ich rede mir jeden Tag als schön ein. Wie sieht es aber im Inneren meines Mannes aus ? Warum schläft er nur ? Weil der Krebs den Saft zum Leben nimmt ? Bestimmt.
Heute muss ich in die Schule. Zum ersten Male. Mein Kind braucht mich dort um mit einer neugierigen Lehrerin zu sprechen. Diese hat keinen Anstand und fragte vor den Ferien beim schreiben einer Ex wie es denn dem Papa geht und wie die Krankheit heißt die er hat ? Lisa verstand nicht, was diese Lehrerin das anzugehen hat. Begann sofort zu weinen und schrieb ihre Ex nicht zu Ende. Note 6 war das Ergebnisse . Vor den Ferien konnte ich es nicht klären. Aber heute hat diese dumme Frau Sprechzeit .
Am Samstag erhielt ich von der Kasse wieder eine Ablehnung für die Zuzahlungsbefreiung. Dann habe ich mich wieder hingesetzt und habe Widerspruch eingereicht. Es geht um 12,54 € die muss ich noch selber bezahlen. Da wir aber Sondenkost haben, die monatlich geliefert wird und einen Zuzahlungsbetrag hat, lieferte ich sofort die am Samstag erhaltenen Rechnungen nach. 30 € . Dann habe ich gleich eine Frist gesetzt, bis wann ich das Geld auf meinem Konto sehen will. Jetzt bin ich gespannt.
Dann habe ich eine Eingabe bei der Kasse gemacht, mit dem Vermerk, höherhalten ich bis zum 15.06.12 keinen ordentlichen Bescheid über die Pflegeeinstufung, so werde ich das am Montag den 18.06.12 dem Anwalt übergeben.

Ich stelle mir immer wieder die Frage, warum gehen diese Kassen so mit uns Betroffenen um ? Wenn ich eine Haftplichtversicherung betrügen will, die haben das Recht zu prüfen, aber wenn es doch eine Diagnose gibt, was muss da noch alles geprüft werden ?
Werden die Angehörigen nicht auch Krank gemacht ?
Was ist mit unseren Kindern ? Leiden die nicht schon genug unter diesen schweren Schiksalen ? Wer kümmert sich. Kann ich als Mama und Ehefrau für alle gleich dasein ? Nein, das kann ich nicht. Zumindest bekomme ich es nicht richtig hin. Meine Tochter muss viele Dinge alleine bzw. mit Freunden machen. Denn ich kann meinen Mann nicht alleine lassen. Auch wenn ich am Abend fertig bin, versuche ich unsere Kuschelzeit einzuhalten. Diese Zeit ist uns sehr wichtig. Auch legen wir uns mit unseren Papa und Mann ins Bett und kuscheln. Das genießt er in vollen Zügen. Mir fällt auf, das er da ein kleines Lachen in den Mundwinkeln hat. Ich denke er entspannt dabei . Er fühlt sich dabei Sicher. Und genau so ist es bei unserer Tochter.wenn ich sie in meine Arme nehme , dann schnauft sie tief durch und sagt:"Mama ich liebe dich" .ich bin froh, das ich hinter ihr liege, so kann mein Kind die Tränen nicht sehen.
Warum nur ist dieses Leben so ?

Ich bin froh, das wir am Nachmittag wieder ein Gesprächstermin bei der Psychoonkologin haben.
Diese ganzen Fragen die ständig im Kopf Kreisen bringen einen um den Verstand.


Liebste Lisa, dir schicke ich einen dicken,fetten Kuss. Danke für dein Verständnis, das im Moment der Papa unsere ganze Liebe, Fürsorge und Zuneigung braucht und bekommt. Wir lieben dich von ganzen Herzen, auch wenn es Papa dir nicht wirklich zeigen kann. Selbst wenn er es möchte, er kann es nicht. Dafür ist sein Körper viel zu schwach. Papa hat dich in seinem Herzen, ganz fest. Glaube mir.

Dicker knuddler
I Love you
Deine Mama und dein Papa




Allen hier im Forum schicken wir ein dickes Kraftpaket von ganzen Herzen.


GglGrüße
von

Grit mit Lisa und unserem Mann und Papa als Kämpfer an der Seite
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