Einzelnen Beitrag anzeigen
  #55  
Alt 03.09.2012, 20:36
El_Desparecido El_Desparecido ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 23.08.2012
Beiträge: 80
Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Hallo ihr Lieben,

die ersten zwei Giggs der Abschiedtournee waren so lala. Vermutlich ähnlich wie wie ein Gig der Scorpions. Ich mochte Sie nie besonders, wobei ich zugeben muss, dass Winds of Change die Situation gerade ganz gut beschreibt.

Am Samstag war die Exfreundin meines Bruders mit Mann bei meinem Vater und es war ganz und gar zauberzart. Ein ziemlich ungezwungener Besuch, mit viel Lachen und Zuversicht.

Am Sonntag erhielten meine zwei Cousins, also die Neffen meines Vaters eine Audienz und sie waren sichtlich überfordert mit der Situation. Das Gute war, dass die herzensgute Onko-Krankenschwester meinen Vater überredete eine Weile in den Liege-Rollstuhl zu wechseln und so fuhren wir mit ihm nach draussen und genossen ein wenig die Nachmittagsonne. Ob mein Vater das wirklich genossen hat, weiss ich nicht genau. Er wirkte sehr taurig. Ich fürchte er dachte, dass er vielleicht das letzte mal frische Luft atmet und die Sonne auf der Haut spürt. Ich habe nichts gesagt und einfach seinen Arm gestreichelt.

Heute wurde dann die Blasenspiegelung gemacht und das Dingsbumms in der Blase entpuppte sich als Tumor. Ob Metastase oder eigenständig wird die Histologie dann demnächst klären.
Ausserdem habe am Freitag auf dem Aufklärungsbogen für die Chemo gelesen: kleinzelliges Bronchialkarzinom.

Komischerweise habe ich beides ziemlich ruhig zur Kenntnis genommen. Fast schon schulterzuckend. Ich glaube es macht sich ein gewisser Fatalismus hinsichtlich der Diagnose in mir breit. Vielleicht ist das gut so, ich weiss es nicht.
Mein Vater wird nicht mehr gesund und das einzige was ich tun kann, ist ihm bis zum Schluß beizustehen. Er schenkte mir das Leben, ich begleite ihn auf seinem letzten Weg. Klingt irgendwie richtig.

Ich weiss nicht genau, wie ich mit meiner Mutter umgehen soll. Ich glaube, sie hofft immer noch, dass mein Vater wieder gesund und alles gut wird. Und das obwohl ich ihr sehr deutlich gesagt habe, wie es aussieht. Vielleicht verdrängt sie das Ausmaß der Diagnose, was ich verständlich und verzeihlich finde. Sie sagt meinem Vater allerdings auch, dass er kämpfen muss und dann alles wieder gut werden kann. Ich weiss nicht, ob das richtig oder falsch ist. Einerseits finde ich, man sollte vorhandene Hoffnung nicht ersticken, andererseits finde ich es auch unangebracht falsche Hoffnung zu schüren.

Ich denke mein Vater weiss wie es um ihn steht und er ist tapfer für meine Mutter (und mich).
Heute hat er mich gefragt, ob er wieder gesund werden wird. Ich habe mein Innerstes auf einen Punkt fokussiert, um nicht loszuheulen und gesagt:" Ich weiss es nicht, Papa." Um dann hinterher zu schieben: "Aber einen Schnupfen hast du nicht gerade"
Er hat mich dann kurz traurig angeguckt, dann den Kopf weggedreht und meine Hand gedrückt.

Ich habe keinen blassen Schimmer wie ich mich richtig verhalten soll. Eigentlich tendiere ich dazu den ausweichend Ahnungslosen aber Ernsten zu geben, bis mich mein Vater zu Einzelheiten drängt.
Schwieriges Thema.
Aber wie gesagt, letztlich weiss er was die Stunde geschlagen hat, denke ich.
Vielleicht kann er nur das Ausmaß noch nicht wirklich überblicken.

Morgen früh gibt es die erste Chemokeule Cisplatin. Dann gibt es ein paar Tage Pause und dann wird die Blase ausgeschabt, dann einen Port und ein bisschen Erholung und dann weiter mit der Chemo.
Hallelujah.

Ich danke euch allen für eure Worte.
Es tut mir sehr gut, dass alles niederzuschreiben und mich mit euch auszutauschen.
Vielen Dank.
Mit Zitat antworten