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Alt 06.10.2012, 12:22
edith57 edith57 ist offline
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Standard AW: ich habe solche Angst!

Hallo ihr Lieben,

Vielen vielen Dank für eure lieben Beiträge - jeder einzelne davon bedeutet mir so viel - und vor allem auch jede einzelne von euch .

Wir haben ziemlich schlimme Tage hinter uns. Am Dienstag ging es ihm schon ziemlich schlecht, er kaum kaum hoch und war total antriebslos. Am Mittwoch war es noch ein wenig schlimmer. Ich "durfte" sogar ganz alleine den Rasen mähen und alles wieder aufräumen - bisher ein Ding der Unmöglichkeit. Irgend etwas "helfen" wollte er immer.

Am späten Nachmittag musste er dann unbedingt auf's WC - dummerweise ist das bei uns im oberen Stockwerk - also Stiege hoch. Er bat mich, ihm zu helfen die Stiege rauf zu gehen, es sei ihm schwindelig. Schon die paar Meter bis zur Stiege bekam er Atemnot und musste sich hinsetzen. Dann die Stiege rauf - er voraus, ich schiebend hinterher - alle 2 Stufen stehen bleiben, keuchen, weiter gehen usw.

Beim Abwärtsgehen bin ich dann eine Stufe vor ihm gegangen, damit ich ihn auffangen kann, falls er fällt. Er hat sich mit einer Hand am Geländer fest gehalten, mit der anderen an mir. Alle 2 Stufen stehen bleiben usw....

Er ist dann regelrecht auf sein Sofa gefallen und hat mit aufgerissenen Augen nach Luft geschnappt. Eine Viertelstunde später musste er nochmal. Ich wollte ja schon lange ein Campingklo oder einen Toilettenstuhl organisieren, aber bisher war er immer der Meinung, das Stiegen laufen sei ein gutes Training für ihn, weil er sich ja sonst kaum bewegen kann. Als ich ihm anbot, dass wir uns ja ausnahmsweise auch mit einem Kübel behelfen können, lehnte er entrüstet ab. Und dann dasselbe nochmal von vorn. Diesmal dachte ich, er stirbt mir auf der Stiege, so hat er gekeucht.

Ich wollte sofort ins Krankenhaus mit ihm, aber er wollte auf gar keinen Fall. Er hat gesagt, am Freitag muss er ja sowieso und morgen früh sei es sicher besser. In dieser Nacht habe ich kein Auge zugetan und am Donnerstag war es noch ein wenig schlimmer. Stiege rauf und runter: ein Horror.

Am Donnerstag Nachmittag wollte er dann noch ein Bad nehmen - ich habe ihm vorgeschlagen, dass es wohl geschickter ist, wenn ich ihm beim Waschen helfe und er erst gar nicht in die Wanne oder Dusche sitzt. Zuerst wollte er nicht, aber er hat dann sofort gemerkt, dass er überhaupt nichts mehr tun kann. Ich musste ihn ausziehen, waschen und immer wieder Pause machen, weil es ihn so anstrengte. Wir hatten dann geschlagene 2 Stunden, bis er fertig war. Und dann wieder dasselbe: nein, nicht ins Krankenhaus - ich muss ja sowieso morgen gehen.

Ich habe dann am Abend noch auf seiner Station angerufen und gesagt, dass ich ihn morgen in der Früh bringe und dass sie sich darauf einstellen sollen, dass er bleiben muss.

Und gestern Morgen war es noch einmal schlimmer. Er keuchte schon, als er sich nur im Bett aufgesetzt hat und dann habe ich beschlossen, dass ich die Rettung anrufen werde, weil ich mir einfach nicht mehr zugetraut habe, ihn sicher ins Krankenhaus zu bringen. Die haben ihn dann abgeholt und ich bin hinterher gefahren.

So wie er gestern früh ausgesehen hat, habe ich gedacht, dass er das Wochenende nicht überleben wird. Ich habe stark vermutet, dass es wieder eine Lungenentzündung ist - vor allem wegen der starken Atemnot.

Es wurde dann gleich alles in die Wege geleitet und dann hat sich heraus gestellt, dass er einen Hämoglobinwert hat, der unter der Hälfte vom Mindestwert liegt - also fast keine roten Blutkörperchen mehr unterwegs, die ja eigentlich den Sauerstoff transportieren sollten.

Gleich danach war die Visite und der Primar hat beschlossen, ihm jetzt keine Chemo mehr zu geben, weil jetzt alles was man ihm noch reinpumpen würde, seinem ohnehin schon stark geschädigten Knochenmark den Rest geben und somit mehr Schaden als Nutzen anrichten würde.

Auch das CT wurde abgesagt, weil er in seinem Zustand nicht imstande gewesen wäre, die Luft anzuhalten oder ruhig zu liegen und was sollte es auch jetzt noch nützen. Wenn er sowieso keine Chemo mehr bekommt, müssen wir auch gar nicht wissen, ob die Metas kleiner oder größer geworden sind.

Ob das jetzt ein endgültiges Therapie-Ende ist hat er allerdings noch offen gelassen und ich wollte auch gar nicht danach fragen....

Eine Sorge ist nun aber auch noch dazu gekommen, denn seit 2 Tagen hat er ganz dunklen, fast schwarzen Stuhl. Mir hat er das nicht gesagt, aber wenigstens den Ärzten bei der Visitie. Das wird nun auch noch untersucht.

Ich bin dann nochmals kurz nach Hause, weil ich am Morgen alles stehen und liegen gelassen habe. Mein Mann bekam in der Zwischenzeit 2 Blutkonserven und was soll ich sagen: als ich 2 Stunden später wieder bei ihm war, war sein gelbweißes Gesicht wieder rosig und er ist mit mir mit dem Rollator auf dem Gang auf und ab gegangen. Mein Stehaufmännchen lebt also noch...

Ich wünsche euch allen ein schönes Wochenende
Liebe Grüße
Edith
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mein Mann:
NSCL ED 21.10.2010
nach langem Kampf ins Licht gegangen am 30.11.2012
für immer in meinem Herzen

http://www.youtube.com/watch?v=ibREmAkEgJo
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