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Alt 07.01.2013, 07:45
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Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: inoperables Bronchialkarzinom

Liebe Sanni und auch liebe Gina,

ich kann sehr gut nachempfinden, was ihr beide derzeit durchmacht... Diese Angst und Sorge um die Mama und den Papa sind oft unerträglich und zermürben einen. Es ist ein ewiges Auf und Ab und immer, wenn es dem geliebten Menschen halbwegs gut geht, dann fühlt man sich auch selbst besser. Umgekehrt ist das aber genauso der Fall und es ist schwer, sich von irgendwo her immer wieder die nötige Kraft zu holen. Für mich war es am schlimmsten, zur Untätigkeit verdonnert zu sein... Wie gern hätte ich meinem Papa mehr geholfen, aber ich war hilflos, konnte gar nichts gegen den Krebs ausrichten. Das habe ich zumindest in der Situation gedacht. Heute sehe ich das anders, denn ich weiß, dass ich zwar nichts gegen die Krankheit ausrichten konnte, aber ich war immerhin da. Ich war an seiner Seite, als er mich am meisten brauchte. Und das seid ihr beide auch! Und ich denke, das ist unheimlich viel, auch wenn es sich für euch bisweilen wenig anfühlen mag.

Sanni, auch mein Vater hatte Lungenkrebs und als dieser diagnostiziert wurde, bereits Knochenmetastasen. Gerade diese Knochenmetastasen sind extrem schmerzhaft. Er bekam Aufbaupräparate für die Knochen gespritzt (ich weiß aber leider nicht, wie das Präparat hieß). Außerdem erhielt er zunächst Bestrahlung des Schulterblatts. Leider hat es bei ihm kaum geholfen. Er hatte eigentlich immer Schmerzen, was ich als sehr grausam empfand. Erst als er einverstanden war, sich auf die Palliativstation verlegen zu lassen und dort mit dem Schmerztherapeuten gearbeitet hat, konnte er halbwegs so eingestellt werden, dass seine Schmerzspitzen erträglicher wurden.

Wenn ihr deine Mama nach Haus holen möchtet, dann solltet ihr überlegen, eine Pflegestufe zu beantragen. Ich halte es auch für durchaus sinnvoll, nach der Speziellen ambulanten Palliativversorgung zu fragen (SAPV), die von den Krankenkassen getragen wird. Am besten sprecht ihr das direkt im Krankenhaus an, in dem deine Mama derzeit liegt. In der Regel gibt es dort jemanden, der den Antrag für euch erstellt und dann wird über einen Koordinator herausgefunden, wer für euch daheim zuständig ist. Die Palliativkräfte sind sehr gut ausgebildet im Umgang mit schwer kranken Menschen und sie betrachten sie ganzheitlich. Ihnen ist es am wichtigsten, dass deren Lebensqualität möglichst hoch gehalten wird. Wir, meine Mama und ich (bin auch Einzelkind) haben meinem Vater auch ermöglicht, nach Haus zu kommen, denn das war sein größter Wunsch. Und wir haben das Palliativnetzwerk in Anspruch genommen. Das war wirklich ein Segen, denn in vielerlei Hinsicht waren wir unsicher. So hat man die Gewissheit, rund um die Uhr einen Palliativmediziner anrufen zu können, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Das gibt eine gewisse Sicherheit. Und die Pflege daheim ist schon sehr anstrengend. Meine Mama war manchmal am Ende ihrer Kräfte und ich konnte meinen Job erst zum Schluss "runterschrauben", so dass ich sie mehr unterstützen konnte. Dennoch sind wir beide sehr froh und dankbar, dass wir meinen Papa begleitet haben und dass wir ihm wenigstens den Aufenthalt zu Haus ermöglichen konnten. Aber ich kann dir nur raten, jede Hilfe in Anspruch zu nehmen, die ihr bekommen könnt und dies auch mit deiner Mama zu besprechen.

Ich hoffe sehr, dass deine Mutter nicht so elende Schmerzen hat und dass sie ihre Hoffnung nicht verliert! Auch wenn sie nicht wieder gesund werden kann, ist es doch wichtig, kleine Wünsche und Ziele zu haben (ganz egal, ob sich diese verwirklichen lassen).

Alles Liebe
Miriam
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark!
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