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Alt 04.07.2002, 22:44
Gast
 
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Standard Forum für Angehörige UND Betroffene

Hallo Ihr Lieben und erst mal danke. Ich war heute strange unterwegs und Ihr habt mir so lieb geantwortet. Brigitte, weißt Du was ich an Dir schätze, schon beim Mitlesen, aber auch bei Deiner Antwort, ist, dass Du nie pauschalisierst, so objektiv bist und Dinge auch von einer "anderen" Seite beleuchtest.

Tja, Jana, Du hast wohl recht. Wie oft habe ich das selbst schon geäußert, dass mein Vater immerhin schon 67 Jahre alt wird (wird er?) und dass das ein Alter ist, das man nicht beklagen muss. Nein, das ist es nicht. Es ist der Weg dahin, dieses lange Leiden, immerhin schon über ein Jahr, in dem es ihm nie wieder gut gegangen ist, nicht einmal annähernd. Zunächst musste er, als er noch keine krebsbedingten Beschwerden hatte, die Folgen der Bestrahlung verkraften (er hatte von Beginn an Metastasen im Gehirn) und dann die der Chemo, die er ganz schlecht vertragen hat. Jetzt machen sich die Symptome der Krankheit bemerkbar, er bekommt schlecht Luft, hat Schmerzen und kann nicht mehr essen (wobei ich ehrlicherweise sagen muss, Essen war schon immer sein Problem, er ist seit jeher viel zu dünn, da schlage ich wohl nicht nach ihm...). DAS ist es, was mich so hilflos macht. Ja, er hat sein Leben gelebt, aber dass er das durchmachen muss, das fällt mir so schwer zu begreifen, zu akzeptieren.

Ich bin es gewohnt, dass mein Vater unser Sorgenkind ist... Er war früher schon sehr schwer krank, hatte gleich zwei schwere Unfälle, er ist wohl ein Magnet, der das Unglück anzieht. Von daher sollte man meinen bin ich in Übung - und doch hat es mich eiskalt erwischt. Man kann "sowas" nicht üben, man kann sich auch nicht darauf einstellen und im Moment reagiere ich wohl so heftig auf die Prognosen, weil ich alles ganz prima verdrängt habe, die Hoffnung hatte, dass mein Vater einen Ausnahme-Krebs hat und auch dieses Mal mit einem blauen Auge davon kommt (hallo liebe Robbe, das Wortspiel ist Zufall!).

Wir hätten so viel nachzuholen, aber mir fehlt der Mut, denn ich wenn ich jetzt in die Offensive gehe, wird meinem Vater schmerzlich bewusst, warum ich das tue - weil die Zeit läuft. Und das hält mich davon ab, die Fragen zu stellen, die ich auf dem Herzen habe, die Dinge zu sagen, die mir wichtig sind und ich weiss wohl, wenn ich es jetzt nicht schaffe, dann ist es vielleicht zu spät.

Himmel, ist das alles schwierig... Ist es das? Oder mache ich es mir nur schwer?
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