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Alt 05.07.2002, 14:21
Gast
 
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Standard Forum für Angehörige UND Betroffene

Hallo Ihr alle zusammen,
irgendwie merkt man doch wenn man mit dieser Krankheit zu tun hat, wie wertvoll jeder einzelne Tag ist und das man manche Entscheidungen halt nur von einen Tag auf den anderen oder sogar nur von Stunde zu Stunde entscheiden kann.
Diesmal geht es nicht um meinen Vater sondern um einen Vater eines Kindergartenfreundes meines Sohnes. Er hat eine KMT bekommen und seine Werte waren immer sehr schlecht, seit 1 Monat ging es ihm gut und der Sohn konnte endlich mal wieder einen Freund zu sich nach Hause einladen, da die Ansteckungsgefahr bisher zu gefährlich war. Nun wäre es heute so weit gewesen, heute nacht ist er mit war dann der Notarzt da und alles musste wieder abgeblasen werden, weil höchstwahrscheinlich die Lunge auf das neue Knochenmark die so gut reagiert und zusammenfällt. Das Kind ist völlig fertig er will es garnicht mehr verstehen, dass es "mal wieder nicht geht", er wünscht sich seinen Vater "weg", was auch immer er darunter versteht.
Wir können auch immer wieder nur unsere Hilfe anbieten, aber es gibt mitlerweile auch kein tröstenden Worte mehr, dadurch das sie auch nur von einem Krankenhaus in das andere müssen, können wir auch garnicht den Kontakt so zu ihnen aufbauen, es ist halt die Zeit nicht da und auch eben diese Distanz. Freunde haben sich schon alle zurückgezogen, wer will schon mit Ende 20 immer mit dem "Tod" zu tun haben.
Durch die eigentlich im letzten Monat guten Wert war eine richtige Euphorie eingekehrt und jetzt sind alle wieder ganz weit unter, obwohl jeder wusste dass es noch mindestens ein halbes Jahr dauert um genau zu wissen ob das Transplantat richtig angeschlagen hat. Dadurch wird einem aber auch bewusst wie wertvoll wieder einige glückliche Momente sind, die sie nach aussen hin mit allen geteilt haben, aber jetzt hat sich das Loch wieder aufgetan.
Zu den Robben passt nicht nur das Glatteis sondern auch die Bezeichnung "Heuler", das Leben könnte so einfach sein, "nur für wen und wie?"

Ein Bruder einer Klassenkameradin hat sich auch einen Traum erfüllt als die Diagnos Gehirntumor feststand. Nach einer OP war er auf einmal verschwunden, nach einem halben Jahr kam eine Karte: Bin Indien in einem Tempel, lehrne Yoga, mir ist es noch nie so gut gegangen.
Heute 15 Jahre später ist er Yogameister und hat eine "Aura" um sich, die sehr ansteckend ist (auch wenn es sich nach Esoterik anhört), aber was ist daran schlechter an sonst irgend eine andere Lebensphilosophie, wobei diese bestimmt eine der friedlichsten ist.
So musste mich mal "ausheulen", weil irgendwie im Moment keine so richtig guten Nachrichten kommen. Oder man sieht sie nicht als so richtig gut, wenn man mal davon ausgeht dass erst eine schlechte Diagnose darsteht, ist ja schon jeder Stillstand eine "gute" Nachricht.
So jetzt gehe ich mal zu meinem Boxsack, heute denke ich mir mal mein eigenes Gesicht, damit ich mal aus meinem Loch wieder rauskomme.
Euch alles Gute
bis dahin
Michaela
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