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Alt 13.05.2013, 16:22
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LupusAngelus LupusAngelus ist offline
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Standard AW: Ich habe das Gefühl, alles falsch zu machen :-/

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Zitat von Tiina Beitrag anzeigen
Liebe Lupi,
das ist ja wirklich eine furchtbare Situation... Ich finde, Du machst das wirklich klasse!!
Du bist es nicht, die Deine Stiefmutti zum Weinen bringt - das ist ihre Situation, ihre Krankheit, ihre Angst... Da Du das nicht wirklich ändern kannst, kannst Du auch nicht verhindern, dass sie weint...

Versuch' das nicht persönlich zu nehmen, wenn sie mißtrauisch ist, nicht mit Dir reden will! Ich weiß, dass das sehr sehr schwer ist (ich konnte es nicht...), aber so von außen ist ganz klar zu sehen, dass nicht Du gemeint bist, sondern dass es das Ventil für ihre Angst ist...

Kann Dich vielleicht jemand mal vertreten, dass Du mal ein paar Stunden Ruhe hast und mal Luft holen kannst?

Viel Kraft in dieser unsäglich schweren Zeit,
Anja

Liebe Anja,

vielen vielen lieben Dank für deine aufmunternden Worte.

Ich weiß ja nicht, wie andere das Sterben gesehen haben, ob sie es fühlen konnten, dass der geliebte Mensch gehen muss...aber ich habe das Gefühl, es zu fühlen. Ihre Mietze liegt heute schon den ganzen Tag bis auf wenige Ausnahmen bei ihr und auch ich habe das Gefühl, nein das Bedürfniss, leise und ruhig in der Stube sitzen zu wollen.

Die Situation verschlechtert sich so gesehen in sehr kurzen Anständen. Seit 2 Tagen schon schlief sie ja für ihre Verhältnisse recht lange mit nur wenigen Unterbrechungen. Heute schläft sie nur. Sie war zwar einmal um 2 wach, weil sie zur Toilette wollte, Durst hatte und so verwirrt war, dass sie dachte, sie kann ihre Ohrstöpsel rauchen, aber seitdem schlief sie durch. Seit halb 5 ungefähr sitz ich in der Stube und lauschte nach ihrem unregelmäßigem Atem. Ihr Zuckerwert war nachher schon unter 2, sie ist zum Glück dann kurz nach 12 wach geworden, so dass ich ihr aufgelösten Traubenzucker und eine CapriSonne zu trinken gegeben habe. Nach dem Gang zur Toilette und dem erneuten Messen 15min später sprach sie auf einmal mit meinem Vater. Was er nur da so rumsitze und nix sage. Ich hab sie gefragt, aber sie reagierte nicht auf mich, sondern sprach meinen Papa wieder an. Das Komische ist nur - mein Papa ist bereits vor 3,5 Jahren gegangen

Die Ärzte waren gestern Abend und heute Mittag da. Ich darf ihr ab heute kein Insulin mehr spritzen, kein Blutverdünner mehr geben.
Blutverdünner deswegen nicht mehr, weil die blauen Flecken davon kommen. Die Metastasen haben sch wohl auch schon in der Leber mit festgesetzt. Das immer stärker werdende Zittern komme von den Metastasen im Hirn. Insulin deswegen nicht, weil der Zucker lieber zu hoch als zu niedrig sein soll und das spiele jetzt auch keine Rolle mehr.

Eine Scheibe Brot mit Marmelade hab ich ihr geben können....aber keine Butter. Die mochte sie auf einmal nicht mehr. Kaffee auch nicht. Seit halb 2 liegt sie wieder und schläft. Das werde ich auch gleich...wer weiß was die Nacht bringt. Wer weiß, wie lange es noch geht.

Und der Pastor, der meinen Großen am 19.5. konfimieren wird, der rief auch gerade an...ich hab nur gedacht, das paßt ja jetzt...erst von Stiefmama den Konfirmationsspruch, auf den sie bestanden hat (Psalm 91,11..."Denn er hat seinen Engeln befohlen über dir, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen,"), dann ihre beiden Zahlen, die sie mitten im Krampf nannte 19 und 5, dann schimpft sie mit Papa und jetzt der Anruf.

Vertreten kann mich leider keiner, liebe Anja...sie duldet niemand anderen. Es ist schon immer ein kleiner Kampf, wenn ich die Ärzte herhole. Es wäre ihr am liebsten, dass ich die an der Haustür abfrühstücken würde *schmunzel* und ihr Gesichtsaudruck bringt mich oft zum Grinsen. Ich weiß, es ist gemein, aber kann man sich dass Lachen verkneifen, wenn jemand aussieht, als ob er in eine Zitrone gebissen hat und am liebsten Feuer spucken würde?

Ich werde später weiter schreiben und mich erstmal hinlegen, wer weiß, was mir die Nacht heute bringt

Ganz liebe Grüße
Lupi
*die*unsagbar*dankbar*und*stolz*auf*ihren*Schatz*u nd*ihre*Kinder*ist*

P.S. Die zweite Meinung, die wir heute erhalten haben hat uns übrigens die ganze Hoffnung genommen. Kurz und knapp gesagt: es ist nix mehr zu machen.
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Fotografie ist die Trauer über die vergängliche Zeit und das Bedürfnis, einige Augenblicke festzuhalten...Die Fotografie kann sie vereinen & daraus neue schaffen ... Fotografie ist unlösbar mit der Zeit verknüpft, die sie festhält, mit der Zeit, die zwischen den Fingern, zwischen den Augenblicken zerrinnt, mit der Zeit der Dinge & Menschen, des Lichts & der Gefühle. Die Zeit wird nie mehr das sein, was sie war.
Jeanloup Sieff (1933-2000)

Geändert von LupusAngelus (13.05.2013 um 21:05 Uhr)
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