Einzelnen Beitrag anzeigen
  #2  
Alt 18.05.2013, 19:25
Norma Norma ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 06.11.2005
Beiträge: 1.157
Standard AW: Mutter starb vor 3 Tagen---SCHULDGEFÜHLE

Hallo Steffi,

da hast du dir wirklich etwas eingebrockt. Sorry.
Dein Schuldgefühl ist dein Gewissen, welches sich nun massiv meldet.
Und das würde ich erst einmal positiv sehen.

Ich schreibe von der anderen Seite... als Mutter, die auch ein Kind hat, was momentan völlig uneinsichtig seine Meinung vertritt. Da nutzt kein Argument, kein Hinweis auf die Erkrankung, kein weinen und keine gezeigte Traurigkeit. Was zurückkommt ist Sturheit und Ignoranz.

So, wie ich dich gerade sehe, scheinst du deiner Mutter ähnlicher zu sein, als du es selbst glauben kannst. Beides Sturköpfe, die sich mit Worten verletzt haben.

Natürlich hättest du im Oktober 2011 bereits wissen müssen, dass die festgestellte Meta in der Lunge das Endstadium einläuten könnten. Im März 2012 dann mit einem großen Krach auseinander zu gehen, war aus meiner Sicht natürlich DEIN Fehler.

Krebskranke sind oftmals (auch ich) sehr empfindlich. Die Krankheit verändert das Denken, denn eigentlich dreht sich fast der gesamte Alltag nur um die eigenen Bedürfnisse und das kostet Kraft, viel viel Kraft. Wird man dann seelisch verletzt, reagiert man unwirsch und für andere unpassend.

ABER... und das schreibe ich ganz ehrlich... Mütter wären nicht Mütter, wenn sie nicht in der Tiefe ihres Herzens alle Fehler ihres Kindes verzeihen könnten.
Glaub mir, sie tun es immer und immer wieder!

Ja, ich weiß, was deine Mutter schriftlich hinterlassen hat: Sie wollte dich nicht auf ihrer Beerdigung sehen. Aber auch das wird sie mit Groll geschrieben haben und ich möchte fast wetten, dass dieser Groll auch schnell wieder verflogen ist.
Sieh die Zeilen deiner Mutter als Verzweiflungstat an. Sie wusste sehr wahrscheinlich nicht wohin mit ihrer Wut... aber auch nicht wohin mit ihrer Traurigkeit.

Mütter wären nicht Mütter, wenn sie ihr Kind trotz aller Streitigkeiten und hässlichen Worten verzeihen könnten.

Auch deine Mutter wird dir noch vor ihrem Tod verziehen haben; davon bin ich überzeugt! Niemand stirbt mit Hass im Herzen; je näher der Tod, um so verzeihender die Gedanken.

Leider war deine Mama dann aber nicht mehr in der Lage, dir das mitzuteilen und vielleicht hatte sie auch nicht mehr den Mut dazu.

Nun also hat sich dein Gewissen gemeldet. Ja, du hast Fehler gemacht und ja, du bist hart und stur bis zum Schluss geblieben. Sogar noch, als der Anruf kam, warst du verbittert und hast hässliche Worte von dir gegeben.

Du bereust, liebe Steffi und nur DAS zählt jetzt!!!

An dir liegt es nun, den Kontakt zum Bruder wieder hinzubekommen. Das wird gewiss nicht leicht werden, denn du müsstest ihn um Entschuldigung bitten und deine Fehler eingestehen.

Wenn du dazu bereit bist, ist schon mal ein großer Schritt in die richtige Richtung getan. Denn Mütter wären nicht Mütter, wenn sie all ihre Kinder nicht in Frieden leben sehen möchten. Vielleicht kann auch deine Tochter da vorsichtig vermitteln und den ersten Schritt machen?

Den Vorschlag mit dem Brief finde ich gar nicht so schlecht. Allerdings nicht in den Sarg legen... da könnte ihn jemand finden und lesen, dem das nicht zusteht.

Vielleicht wäre es besser, wenn du so einen Brief zu Hause schreibst und danach vernichtest? Schreiben hilft oft, wenn Worte nicht mehr auszusprechen sind oder nicht gehört werden können.

Sollten deine Schuldgefühle allerdings überhand nehmen und dich gar nicht mehr zur Ruhe kommen lassen, scheue dich nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Eine Psychotherapie kann dir beim Weg zur Verarbeitung helfen.

Und vergiss nicht: Auch deine Zeilen hier in diesem Forum wird vielleicht deine Mutter gelesen haben. Und dann würde sie dir garantiert sagen: Komm Kind, Schwamm drüber. Alles ist wieder gut!

Genau SO würde ICH nämlich auch reagieren.

Liebe Grüße
Norma
Diagnose Brustkrebs Nov. 2001
Diagnose Darmkrebs Juni 2007 bei meinem Mann
Mit Zitat antworten