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Alt 05.06.2013, 11:34
Briele Briele ist offline
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Standard AW: Nicht nichts ohne dich, aber nicht dasselbe.......

Lieber Helmut,

Danke für Deine Gedanken! Du hast völlig Recht, nicht jede Lösung ist von Dauer und die aufgestellten Rechnungen haben am Ende andere Ergebnisse als sonst im Leben.

Ich erlebe gerade wie relativ schnell sich auch Meinungen oder Beurteilungen von Situationen ändern können. Heute vor zwei Wochen war mein Mann am Beginn der 30 Stunden bis zu seinem Tod. Während dieser Stunden und die ersten Tage nach seinem Tod dachte ich öfter, mein Gott, wie schwer ist er gestorben, wie lange hat es gedauert. Da haben mich auch die beruhigenden Worte des Fachpersonals nicht erreicht, die meinten es sei kein schweres Sterben.
Und nun sehe ich es anders. Mein Mann konnte bis auf diese letzten 30 Stunden seine sanitären Dinge alleine erledigen, er hat stets am Tisch sitzend essen können, er hat gelesen, Musik gehört, sich mit mir unterhalten. Darüber kann man nur froh und dankbar sein. Und das bin ich.

Vor Jahren habe ich hier einmal geschrieben, dass ich als Jugendliche bei meiner Großmutter öfter Abschiedsworte von betagten Gästen und Besuchern hörte, die ich damals schon sehr merkwürdig fand. Sie sagten unter anderem: …”ich wünsche Dir eine gute Sterbestunde”….

Du kannst Dir denken, dass ich diesen Worten mit zunehmendem Alter immer mehr Bedeutung und Sinn beigemessen habe.

Ich kann jetzt sagen, mein Mann hatte eine gute Sterbestunde.
Gestern war ich auf der Palliativstation und konnte mit der Schwester sprechen die dabei war, als er sein Leben aushauchte. Sie sagte er habe die zwei Stunden in denen ich nicht neben ihm, so ruhig und entspannt gelegen wie er war, als ich ihn verließ.

Die Beileidsbriefe bringen mich jedes Mal zum Weinen. Nicht nur, weil ich für mich so traurig bin, es macht mich auch traurig, dass er sie nicht lesen kann, dass er wahrscheinlich nicht wirklich wusste was er anderen bedeutete. Dies dachte ich mir schon beim Tod meiner Eltern. Schon damals habe ich die Lehre gezogen den Menschen nicht nur bei Lebzeiten mehr Blumen zu schenken, sondern ihnen auch zu sagen, dass sie mir wichtig sind, was ich an ihnen schätze und mag, wofür ich sie bewundere.

Meistens fühle ich mich von ihm umfangen, beschützt. Er hat immer gesagt …..”ich will es dir leicht machen”…..
Ich bin zuversichtlich was meine Zukunft betrifft und weiß ja, dass eines das andere bedingt: viel Nähe und Liebe ist dann halt viel Trauer und Verlust. Dazu kommt die Sehnsucht. Beides wird bleiben und das ist auch in Ordnung. Leicht ist es nicht, aber es war auch schwer als ich die großen Sorgen um ihn hatte, den Kummer, die ohnmächtige Hilflosigkeit, die Angst. All dies muß ich nicht mehr haben.

Liebe Grüße und alles Gute für Dich
Briele