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Alt 30.07.2013, 11:03
Colophonius Colophonius ist offline
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Standard AW: Einfach mal was von der Seele schreiben...

Danke schon mal für die Antwort.

Ja es hilft, wenn man die Erfahrungen mit anderen Menschen teilt. Und ich kann da auch sher vieles nachempfinden (z.B. auch Einzelkind, Verhalten deines Vaters). Das du jetzt auch beim zweiten Elternteil mit dieser schrecklichen Krankheit konfrontiert bist, ist wirklich schlimm Ich habe auch deinen Thread zum Thema abschalten gelesen und muss sagen, dass ich leider im Moment wirklich keine Strategie habe um in der Situation auch mal abschalten zu können. Die Situation ist Momentan einfach zu groß und gewichtig für mich. Ich fühle mich irgendwie überrollt und erdrückt davon.

Palliativer Dienst war gestern zum ersten Mal da und hat einen super Eindruck gemacht. Die Leute haben viel Erfahrung, sind sensibel. Ich denke auf Dauer hilft das. Was wir aber wirklich bräuchten (Mutter und ich), wäre Entlastung bei den pflegerischen Tätigkeiten. Wenn mein Vater wach ist, stellt er ständig Anforderungen. Setzt man sich für eine Minute hin ruft er. Raus aus dem Bett, Raus aus der Windel, Hose an, Wasser, Bein umlagern (durch die Lähmung kann er es nicht bewegen) usw. Vor allem Nachts ist er extrem unruhig. An Schlaf ist kaum zu denken. Minimum einmal die Stunde wacht er auf und benötigt irgendwas, gegen Morgen (ab 3 Uhr dann im 20 Minuten-Rhytmus) Dazu kommt, dass er extrem unzufrieden mit unserer "Pflegetätigkeit" ist, sie scheinbar gar nicht zu schätzen weiß. Kleinste "Fehler" führen zu einem riesen Geschrei, meist mitten in der Nacht. Vor allem meine Mutter bekommt seine "Launen" immer volle Kanne ab. Es endet immer damit, dass wir alles einstellen sollen und ihn endlich in Pflegeheim einliefern sollen. Heute morgen redeten die beiden nicht mehr miteinander. Für mich ist das der Horror. Familienleben ist mir extrem wichtig. Aber wenn wir keine Familie sind, wird die Pflegetätigkeit zu Hause für mich zu einem fragwürdigen Unterfangen. Irgendwie trau ich mich, gar nicht in die Wohnung wenn ich heimkomme unten im Treppenahus sind meine Füße wie gelähmt und es kostet mich extrem viel Überwindung die Treppen nach oben zu steigen.

Ich habe das Gefühl vieles wäre einfacher, wenn der Umgang mit meinem Vater leichter wäre, leider sehe ich da kaum eine Entwicklung und wenn eine negative. Er hat sich wirklich extrem verändert in den letzten Wochen. Sehr aggressiv, fast bösartig und sehr hoffnungslos. Das Problem ist, dass er es wirklich nur an uns auslässt. Sobald jemand anderes kommt, ist er sehr liebenswürdig plaudert und tut so, als wäre nichts. Leider untertreibt er in diesen gesprächen auch immer, spielt alles herunter (keine Schmerzen -> nachts sagt er zu uns er hat nicht auszuhaltende Schmerzen usw.), was es Ärzten und Diensten nicht leichter macht zu handeln. Mag sein, dass das verhalten vom Tumor her kommt, aber ich denke, er kommt auch mit den Auswirkungen der Krankheit einfach nicht klar. Er kann z:b. innerlich nicht akzeptieren vor seinem Sohn in Windeln rumalufen zu müssen. Auch nicht auf Hilfe von seiner Frau angewisen zu sein usw. Reden kann er darüber nicht. Er frisst alles in sich hinein. Psychologische Hilfe lehnt er kategorisch ab. Bis gestern nahm er nur Novalgintropfen gegen den Schmerz, anch letzter Nacht hat er Tilidin verschrieben bekommen, dennoch klagte er über massive Schmerzen. Kann es sein dass die Wirksamkeit erst nach einigen Einnahmen eintritt?

Hospiz hat er selbst 1-2 mal angesprochen. es wäre für ihn evl. sogar eine Option (er verweigert nur Krankenhaus komplett), es gibt eine Warteliste bei uns im Hospiz (nur 8 Plätze). Kennst du dich damit aus? Ist es sinnvoll ihn jetzt schon drauf schreiben zu lassen. Außer den Lähmungen und der Inkontinenz ist sein allgemein Zustand noch sehr gut (wiegt 80 kg, keine Atmenot trotz Lungentumor, Herz, Niere und Leber arbeiten laut Arzt sehr gut), nimmt ihn da ein Hospiz überhaupt auf?

Vielleicht gibt es ja jemanden der ähnliches erlebt hat. Lässt dieses Verhalten irgendwann nach? Oder bleibt es so (ich glaub, wenn das passiert dreh ich selbst durch)? Was kann man machen außer immer wieder einen neuen Anlauf zu wagen und an ihn appelieren, Hilfen anzunehmen?

Persönlich könnte ich natürlich meine Psychotherapie wieder aufnehmen. Unter den Umständen wird sie bestimmt bewilligt. Aber das löst die Situation zu Hause auch nicht...Momentan bin ich echt ratlos.

Heute kommen die letzten Hilfsmittel, morgen die Sozialstation. Vielleicht bringt das Erleichterung...


Mit freundlichen, aber etwas hilflosen Grüßen

Colo

Geändert von Colophonius (30.07.2013 um 11:13 Uhr)
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