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Alt 28.08.2014, 10:06
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Standard Mein Bruder und die Verdrängung des Krankseins

Mein Bruder lebte mit seiner Familie über 20 Jahre in Frankreich, leider ging seine Ehe auseinander und so kam er allein zurück nach Deutschland und begann sich ab 2010 ein neues Leben aufzubauen.

Sonntags besuchte er meine Mutter, die im gleichen Ort wie ich lebe. Und Sonntags mussten wir oft nach dem gemeinsamen Essen erleben, das es ihm sehr sehr schlecht ging, er konnte selbst nicht sagen was er körperlich durchmacht. Jeden Sonntag drängten wir ihn zum Arzt zu gehen...leider ohne Erfolg.

Im Jahr 2012, er kam immer noch Sonntags zu Besuch, bekam er nach dem Essen jedesmal Schluckauf...er ging immer noch nicht zum Arzt.

Im Sommer 2012 fuhr er nach Frankreich um dort zu arbeiten. Seine Tochter schaffte es nun endlich, ihn zu einem Arztbesuch zu überreden, da er mittlerweile nach dem Essen alles erbrach, und zwischenzeitlich aus nicht erkennbarem Grund einfach umgefallen war.

Diagnose nach Magenspiegelung war ein Ösophaguskarzinom. Nun bekam er seine erste Chemotherapie, anschließend wurde im in der Uniklinik Nizza das Karzinom in 8 stündiger OP entfernt, wobei entdeckt wurde, das es sich bis in den Schulterbereich im Rücken ausgebreitet hatte. Nachdem er dort entlassen wurde, wog er 30 KG weniger. Anschließend folgte wieder eine Chemotherapie.

Da er nicht mehr arbeiten konnte, kam er im Januar 2013 zurück nach Deutschland. Das ganze Jahr 2013 unternahm er trotz heftigstem Zureden meinerseits nichts in Richtung Untersuchungen, geschweige denn CT oder MRT Kontrollen, er ließ sich sogar seinen Port entfernen, denn würde er nochmal eine Chemo brauchen, würde er sie sowieso nicht machen....seine Worte!

Im Januat 2014 klagte er plötzlich über Schmerzen in der Nierengegend, die stark angeschwollen war. Auf mein Drängen ging er sofort zu seinem Hausarzt, der ihn sofort in ein Krankenhaus einwies, zum Durchchecken.
Diagnose: Nebennierenkarzinom und Hirnmetastasen....ich war geschockt, mir schwante das ganze Jahr vorher nichts Gutes, was sich nun bestätigte.

Therapie war im Mai d.J. Bestrahlung des Kopfes sowie der Niere. Nach Therapieende dann CT und MRT mit folgendem Ergebnis, das das Karzinom an der Niere weg war, dagegen die Hirnmetastasen sogar unter der Bestrahlung weitergewachsen sind.

Danach bekam er noch eine Chemo und nun ist er austherapiert seit Juni d.J.

Dann verschlechterte sich sein Zustand dermaßen, das ich ihn ins Krankenhaus bringen musste zur künstl. Ernährung, nach 5 Tagen Aufenthalt dort nahm ich ihn zu mir nach Hause, da er mittlerweile so schwach ist, das er öfter stürzt und auch allein nichts mehr geregelt bekommt.

Er ist im Palliativ Netz gemeldet, eine Schwester kommt 1x die Woche zur Kontrolle vorbei, und bis jetzt geht alles noch gut hier zu Hause, er isst gut, hat keinerlei Schmerzen, was für mich ein Wunder ist.

Es ist grausam für mich zuschauen zu müssen, wie er immer noch schwächer wird, aber ich werde ihn solange bei mir behalten, wie es mir irgend möglich ist.

LG, Gitti
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