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Alt 06.01.2015, 20:11
Veruschka Veruschka ist offline
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Standard AW: Tochter mit Diagnose Hodgkin

Ihr Lieben, guten Abend!

Ich war die letzten 3 Tage mehr mit meinem sterbenden Vater beschäftigt, das ist nur noch eine Frage von Tagen, bis es vorbei ist. Er ist alt, er ist im Frieden, es ist irgendwie "richtig", dass er geht. Wir sind als Familie seit über 2 Jahren mit der Pflege beschäftigt mit allem Drum und Dran (einschließlich Waschen und Windeln wechseln) - das Ende macht zwar auch traurig, aber es ist gut so.

Der Krebs meiner Tochter ist halt gar nicht "richtig", das ist falsch und furchtbar. Ich merke aber, dass ich jetzt nach 2 Wochen anfange, diese Tatsache zu akzeptieren. Anna macht ihre Termine, war bei beiden Onkologen, es heißt Stadium III ohne weitere Risikofaktoren.
Jetzt sind erst mal 2 Wochen Pause, bis sie (biologisch bestimmt) mit der Hormonbehandlung anfangen kann.

Ich glaube, die Frage, ob und wieviel man über die Krankheit spricht, ist genau so wenig irgendwelchen Regeln unterstellt wie alles andere. Jeder Mensch ist anders und auch jeder Tag, manchmal jede Stunde ist anders. Ich versuche, Anna kommen zu lassen. Sie ist, wie auch Maik, Tigra und Panda es beschreiben, jemand, der die Dinge gerne beim Namen nennt. Sie sagt: ich habe Krebs.
Und ich glaube, dass es ein Unterschied ist, ob ich ihr sage: "Ich bin wütend" oder "ich habe Angst um Dich bei der Chemo" oder "ich bin furchtbar traurig" - oder ob ich in Tränen aufgelöst vor ihr herumheule und sie mich dann womöglich trösten muss. Das vermeide ich natürlich.
Sie weiß, dass es auch für mich sehr schwer ist. Warum soll sie das nicht wissen?

Wenn ich selber wieder mal ins Dunkel abrutsche, dann habe ich Menschen, mit denen ich reden kann. Mir hilft, wenn ich mir vorsage: "90 %".

Liebe Simi,
ich möchte auch zu Dir noch etwas sagen. Erst einmal: danke für Deinen liebevollen Post. Aber vergessen kann und will ich Deine Geschichte nicht. Sie ist so bewegend und so traurig.
Trotzdem hat sie auch etwas Positives bei mir bewirkt. An irgendeiner Stelle, kurz nach dem Tod Deiner Süßen, hast Du geschrieben: jetzt kannst Du nicht mal mehr hoffen und Angst haben (oder so ähnlich).
Daran denke ich immer wieder in bewußter Dankbarkeit, wenn es mir schlecht geht: ich kann wenigstens noch Angst haben. Wenn das Kind gestorben ist, gibt es nur noch das dunkle Loch, gar keine Aussicht mehr, kein Zipfelchen Hoffnung. Und das hilft mir, dankbar zu sein, dass Anna mit ihrer Kraft und ihrem Optimismus und auch ihren Ängsten da ist.
Ich kann aufgeregt sein, ich darf hoffen, wir haben noch alle Möglichkeiten offen.
Und das ist um so viel mehr, als Du es hast.

So. Anna und Moritz wollen jetzt die 2 Warte-Wochen nutzen und nach San Francisco fliegen und es sich gutgehen lassen.
Hurra! Das sollen sie machen!

Danke an alle, die mir hier beistehen. Heute war so ein unglaublich wunderbarer Wintertag, mein Mann und ich waren spazieren und ich habe mich gefreut, dass ich einen guten Tag hatte, an dem ich mal wieder etwas freier atmen konnte.
Es grüßt Euch alle herzlich
Vera
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