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Alt 14.04.2005, 15:51
Gast
 
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Standard Sterben , jeden Tag ein bißchen mehr

Liebe Chantalle,

ich finde deinen Text gar nicht so hart, sondern eher realistisch, aus den Augen einer Tochter. Grundsätzlich finde ich es sehr schwierig, das Leiden eines anderen zu ermessen. Ich persönlich war oft an dem Punkt, wo ich dachte: Das ist jetzt nur noch eine Verlängerung des Leidens, aber nicht mehr des Lebens. Mein Mann sah das jedoch ganz anders. Damit tat ich mich oft sehr schwer, weil man ja auch noch ein eigenes Gefühlsleben hat. Sicher sind wir Angehörigen im Vorteil, weil wir nicht selber krank sind, aber des Leid des anderen mitzutragen und das so wie bei uns über 1,5 Jahre ist absolut nicht spurlos an mir vorübergegangen und ich weiß, wie weh dir das alles tut.

Mein Mann war ein absoluter Kämpfer und wir haben ihn 100 %ig unterstützt. Wie ich selber damit umgehen würde, wenn ich unheilbar krank wäre, kann ich gar nicht sagen. Von daher kann ich deine Mutter auch gut verstehen. Wenn sie es selber nicht mehr als lebenswert empfindet ist sie womöglich schon da, wo nicht das Leben sondern das Leiden verlängert wird. Diese Grenze ist von Mensch zu Mensch wohl absolut unterschiedlich. Tatsache ist jedoch, das man nicht voaussehen kann, welchen weiteren Verlauf diese Krankheit nimmt und vor allem nicht sagen kann, wie lange sie dauert. Und mit "Gib die Hoffnung nicht auf" meine ich nicht die Hoffnung, dass alles gut wird. Vielleicht kannst du deiner Mutter helfen, die Ansprüche, die sie an sich selber stellt, etwas zu drosseln. Dann hat man eine reelle Chance, auf schöne Momente, Augenblicke und Situationen zu hoffen. Während man noch nicht mal mehr diese hat, wenn man sich zu sehr auf das Ende konzentriet und täglich das Gefühl hat, seinen eigenen Ansprüchen und auch denen der anderen nicht gerecht zu werden.

Ich weiß nicht, wie Wolfgang das gemacht hat, aber er hat im Verlauf dieser Krankheit eine unheimliche Bescheidenheit erlangt. Und irgendwie hat ihm das geholfen, dieser besch... Situation noch was Positives abzugewinnen.

Dies war ein kleiner, kläglicher Versuch, dir zu helfen. Aber auch ich war so oft an dem Punkt, wo ich das alles nur noch ungerecht und aussichtslos fand. Da gelingt es einem nicht, auch nur den kleinsten Lichtschein zu erkennen... Ich wünsche euch weiterhin die Kraft, das alles durchzustehen und sei gewiss, dass ich dich sehr gut verstehen kann, welche Gefühle auch immer du gerade hast. Lieben Gruß von Monika
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