Thema: Angst
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Alt 11.09.2005, 23:40
Briele Briele ist offline
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Standard AW: Angst

Liebe Nurdan,

ich fürchte mir fehlen die Worte, was Du schreibst ist schlimm, es tut mir im Herzen weh, dass Deine Tochter, Du, Deine Familie, dass Ihr so Schweres durchstehen müsst. Ich weiß nicht wie ich Dich trösten kann, aber ich schreibe Dir, weil ich weiß, dass es schon ein ganz kleiner Trost ist, wenn ein anderer, irgendwo draußen in der Welt sagt, hallo, ich bin da, ich habe dich gehört, ich denke an dich.

Liebe Nurdan, ich denke es gibt keinen Angehörigen, der angesichts von Schmerzen, Leid, Aussichtslosigkeit nicht denkt, ach, wenn es doch eine Erlösung gäbe, ein Ende des Elends.

Erst fleht, betet, wünscht man, dass alles wieder gut wird, dann, dass es wenigstens so bleibt, und zum Schluß fleht man wieder, dieses Mal um eine gute Todesstunde.

Ich habe keine Kinder, ich war selbst ein relativ altes Kind als meine Eltern starben. Ich hatte eine innige Beziehung zu ihnen. Ich liebe sie sehr. Ich vermisse sie.

Aber ein Kind zu verlieren stelle ich mir als das Traurigste vor.

Die Angst, von der du sprichst, kenne ich. Ich habe mir immer gewünscht dabei zu sein, wenn meine Eltern sterben. Ich habe mich einerseits davor gefürchtet, aber noch mehr Angst hatte ich eben nicht dabei sein zu können. Dann wurde mir klar, dass ich darauf nur hoffen kann, denn es ist eben nicht möglich, dass ich 24 Stunden durchgehend an ihrer Seite bin. Das geht nicht, das kann kein Mensch. Ich habe viele Berichte gelesen von Menschen, die immer, immer da waren, dann gingen sie unter die Dusche, aufs Klo, kurz auf den Balkon und in dieser Zeit starb der Mensch.

Ich habe mir dann gedacht, es geht um die Bereitschaft, um den Wunsch und den Willen dabei zu sein. Wenn es sich dann ausgeht ist es gut, wenn nicht, dann mache ich mir keine Vorwürfe, es kommt wie es kommt.

Manchmal stört es mich ein wenig wenn ich von Angehörigen lese sie haben es gut und richtig gemacht, sie wären dabei gewesen als der liebe Mensch starb. Da meinen dann die anderen sie hätten es nicht so gut gemacht. Es gehört auch ein bisschen Glück dazu.

Es gibt keinen Grund sich zu schämen, Nurdan, zu denken was Du denkst. Wenn da jemand etwas anderes sagt, dann soll er erst einmal nur eine Woche da sein für einen Kranken. Wirklich da sein, alles machen, inklusive Nachtwachen.

Ich hab das einmal 48 Stunden nonstop gemacht. Danach kam ich am Zahnfleisch daher, dachte ich kippe um.

Habt Ihr Hilfe? Von der Hospizbewegung? Die machen auch Nachtwachen.

Ich zünde jetzt einmal eine Kerze an für Euch.
Liebe Grüße
Briele
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