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Alt 13.11.2005, 19:03
Briele Briele ist offline
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Standard AW: Russisch Roulette.......

Liebe Saphir,

danke für Deinen lieben, schönen, traurigen Brief!

Ich bin erleichtert, daß es gut geht zwischen Deinem Bruder und Dir. Das ist sehr viel wert. Nicht nur in der jetzigen Situation. Die Nähe, die Ihr jetzt habt wird Euch für immer verbinden, komme was wolle. Leider läuft das nicht immer optimal und es nimmt einen richtig her, wenn man sich da noch kränkt und ärgert.

Danke auch liebe Saphir, für den Satz, ich soll nur frei weg schreiben. Das will ich nun tun, denn ich hab schon wieder etwas, da hätte ich ohne Deine Worte etwas gezögert.

Du hast – nicht das erste Mal – geschrieben, es gäbe ein Versprechen, daß Mama daheim sterben kann. Du bist so eine treue, so eine verlässliche, liebevolle Tochter und ich kann mir gut denken was so ein Versprechen für Dich bedeutet. Deine Mama und wahrscheinlich jeder, der Dich kennt (wir hier eingeschlossen) wissen, daß Du Dich nicht drücken würdest.

Wie bereits gesagt, keiner weiß wie es kommt, es kann aber sein, daß es anders kommt als man es plant, wünscht, versprochen hat.

Meine Mama hatte keine Wünsche, aber ich hatte meine Vorstellungen. Ich dachte mir, ich will Mama daheim haben. Sie liegt dann in ihrem großen Bett, ich koch ihr was sie will, ich pflege sie, kann sie selbst nicht lesen, les ich ihr vor, wir hören Musik, sie empfängt Besuche, ich leg mich zu ihr, wir reden über alles, wir lachen und weinen, ich schaff ihr die besten Bedingungen zum sterben, wenn sie denn sterben muß.

Ein bisschen wie im Film.

Es kam alles ganz anders und zwar so, daß Mama im Krankenhaus nicht nur besser aufgehoben war, sondern sich dort auch aufgehoben fühlte. Wobei ich schon sagen muß, daß wir da riesiges Glück hatten, es war wie in einem Hospiz.

In meinem letzten Beitrag erzählte ich Dir von meinem Konflikt, Du hast eine ähnliche Erfahrung gemacht. Wäre sie im Krankenwagen gestorben hätte ich mir Vorwürfe gemacht nicht mit ihr daheim geblieben zu sein, wäre sie daheim gestorben, wären eben andere Vorwürfe gekommen.

Dieses Erlebnis war damals auch eine Art Schlüsselerlebnis. Es zeigte mir, daß ich nun nichts mehr in der Hand habe. Ich habe in mir diese große Liebe, die Bereitschaft da zu sein, die Hoffnung alles richtig zu machen, mehr kann ich nicht mehr tun, mehr kann ich nicht erbringen, und wie es ist so wird es richtig sein.

Liebe Saphir, ich denke es wäre gut wenn Du Dich mit diesem Versprechen nicht selbst blockierst. Vor Mamas Wunsch, vor Deinem Versprechen, steht, so glaube ich, noch etwas anderes: DAS WAS FÜR MAMA DAS BESTE IST. Und vielleicht ist das etwas anderes, als früher einmal gedacht, geplant.

Ach, das verstehe ich sehr gut, daß Du Dich wie eine Löwenmutter fühlst und wer könnte auch besser für Mama entscheiden, als Du?

Ich schicke Dir und Deiner Mama eine feste, warme Umarmung.
Deine Briele
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