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Alt 23.11.2005, 17:11
Laura5555 Laura5555 ist offline
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Standard AW: Thread für junge Angehörige von Krebskranken

Liebe Anna, liebe Marion,
komme gerade von dem Gespräch mit dem Berater vom Krebszentrum. Er war sehr nett und ich kann jetzt jede Woche zu ihm kommen. Er hat sich auch sehr viel Zeit für mich genommen und hat sich alles angehört. Er meinte dann am Ende, er würde sich die meisten Sorgen nicht um meine Mutter und meinen Vater, sondern um mich machen, da ich diesen Druck und die viele Arbeit und die psychische Belastung wohl nicht mehr lange aushalten würde, ohne auch ernsthafte Probleme zu bekommen. Es wäre ganz wichtig, daß ich mich wieder etwas entspannen und abschalten kann und soll mir bis zum nächsten mal überlegen, ob es etwas gibt, das mich entspannt. Aber ich habe ihm auch gesagt, daß das ganze nicht nur am Zeitproblem liegt, sondern bei mir auch eher eine psychische Sache ist., vor allem auch die Sache mit dem Lernen. Er meinte, ich würde meine Zukunft "opfern", wenn ich die Prüfung an der Uni nur gerade so oder schlecht bestehen würde und davon hätte keiner was, aber ich kann mich einfach nicht konzentrieren aufs Lernen, selbst, wenn mir jemand im Haushalt ein bißchen was abnehmen würde, da ich permanent total angespannt, nervös bin und richtig unter Strom stehe und einfach nicht mehr zur Ruhe komme. Kennt ihr das, daß man auch bei Gesprächen z. B. mit Leuten in der Uni über irgendwelche Themen schon gar nicht mehr richtig zuhören kann und man zwar das Gesagte versteht, es aber irgendwie nicht aufnehmen kann, weil alles an einem vorbeirauscht? Ich bin so unkonzentiert und habe sowieso schon keine Lust mehr, mich zu unterhalten. Aber der Berater meinte auch, es wäre sehr fatal, wenn ich mich von meinen Freunden immer mehr abkapseln und ihnen immer absagen würde, weil sich dann bald vielleicht niemand mehr melden würde. Klar, vom Kopf her verstehe ich das ja auch alles und es ist logisch, aber ich kann mich abends einfach nicht mehr dazu durchringen noch jemanden anzurufen, sondern will einfach nach solchen schreclklichen Tagen nur noch meine Ruhe haben und mit niemandem mehr sprechen. Als ich ihn nach Beruhigungsmitteln gefragt habe, meinte er, da könnte man auch ganz schnell in eine Abhängigkeit geraten und dann den Alltag sehr schnell ohne Tabletten gar nicht mehr überstehen können. Die Johanniskrauttabletten und Baldrian soll ich jetzt erstmal weiter nehmen und sie würden erst nach sechs Wochen Anwendung die erste Wirkung zeigen und es sei normal, daß ich nach zwei bis drei Wochen noch keine Reaktion feststellen kann. Zur psychologischen Unterstützung kann ich dann zu den Gesprächen kommen. Als ich von ihm wegging, habe ich mich etwas besser gefühlt, aber sobald ich hier bin, holt mich der Alltag mit all seinen Sorgen und Ängsten schon schnell wieder ein. Er war auch der Meinung, daß meine Mutter vielleicht ein Antidepressivum nehmen sollte, wenn es ihr so schlecht geht, aber sie will davon nichts wissen. Mit der Haushaltshilfe hat er mir auch nicht sehr viel Mut gemacht, da wir ja beide schon über 18 sind, aber wir sollen es auf jeden Fall trotzdem versuchen, da wir ja beide noch in der Ausbildung sind. Ich muß darüber nochmal mit meinen Eltern sprechen, das müßte dann der Hausarzt meiner Mutter bei der Krankenkasse beantragen.

Marion, vielleicht gehe ich morgen ins Kino. Würde auch gerne Harry Potter sehen oder In den Schuhen meiner Schwester. Zum Sport will mich eine Freundin auch schon die ganze Zeit "mitschleppen", aber bisher konnte ich mich dann doch jedesmal nicht mehr überwinden, mitzukommen....

Anna, ich nehme das Johanniskraut jetzt ja etwa genauso lange wie Du. Bisher habe ich noch nicht gemerkt, daß es hilft, aber der Berater meinte ja auch, das müßte man mindestens sechs wochen lang nehmen, bevor es wirkt. Also schlucke ich tapfer weiter.... Hast Du denn inzwischen einen Therapeuten gefunden, der Dich nehmen würde? Vielleicht kannst Du mal bei Deiner Krankenkasse fragen, die haben Listen mit freien Therapiestellen. Es gibt auch eine Seite im Internet, wo man nach freien Therapiestellen suchen kann in seiner Stadt. Ich schau mal nach, ob ich sie noch finde, sonst läßt sie sich bestimmt auch über google.de finden.

Seid fest gedrück von Laura