Thema: EGFR-Blocker
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Alt 09.12.2005, 18:15
Michael_D Michael_D ist offline
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Standard AW: EGFR-Blocker

Meines Wissens ist Tarceva in Deutschland zur Zweitlinien-Behandlung zugelassen.

Iressa wurde nicht zugelassen, weil es in einer Phase III-Studie nicht signifikant einer etablierten Therapie überlegen war. Es ist zwar eine gewisse Toxizität bei Iressa zu konstatieren - so gab es (ich zitiere hier aus dem Gedächtnis!) etwa 4 Fälle auf 1.000 von tödlichem Leberversagen - dies war jedoch nicht der Grund für die Nichtzulassung.

Wem Tarceva bzw. Iressa hilft, der hat das ganz große Los gezogen: jeden Tag eine Tablette, und die quasi nebenwirkungsfrei. Keine Übelkeit, kein Husten, kein Fatigue - nichts!

Das Problem ist jedoch, daß diese sogenannte targeted therapy (EGFR-Blocker heißt: Epidermic Growth Factor Receptor, es wird direkt in den Zellteilungsmechanismus des Tumors eingegriffen - und auch nur dort!) nur bei sehr speziellen Krebspatienten wirkt.

Die Forschung kann mittlerweile mittels Gentest prognostizieren, bei wem EGFR-Blocker wirken - diese Gentests sind allerdings noch nicht standardisiert und werden meines Wissens erst in ein paar Jahren auf den Markt kommen.

Ein offenes Wort an Andy: die Diagnose Krebs ist immer schrecklich, und es ist nur zu nachvollziehbar, daß man alles auch nur erdenklich Mögliche tun möchte, um einem Angehörigen zu helfen.

Aber: bei einem 85-jährigen Mann würde ich persönlich vermutlich überhaupt nichts mehr tun! Jede Form der Chemo ist belastend.

Grob geschätzt hilft Chemo (ganz gleich, ob es Carboplatin, Cisplatin, Docetaxel, Pemetrexed, Gemcitabine oder was auch immer) bei zehn bis zwanzig Prozent der Behandelten. Im Umkehrschluß erleiden 80 bis 90 Prozent der Behandelten die gesamte Tortur umsonst.

Auch, wenn sich diese Meinung sehr kraß anhören mag: ich würde es mir bei Deinem Vater sehr gut überlegen, was ich tun würde. Und vor allem: was will Dein Vater? Ist er hinreichend aufgeklärt? Ich vermute, daß sich ein kundiger Onkologe dieser Meinung anschließen wird.

Viele Grüße und alles Gute,
Michael
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