Einzelnen Beitrag anzeigen
  #87  
Alt 10.02.2006, 17:45
Gaby44 Gaby44 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 27.08.2005
Beiträge: 308
Beitrag AW: So habe ich es als Mutter gesehen und gefühlt

Der OP-Tag

Am 23.11.1999 wurde meinem Sohn der Arm amputiert in Münster . Mein Sohn war in der Klinik, wir hatten uns ein Zimmer in der nähe vom Krankenhaus genommen.

Um 7.00 Uhr sollte mein Sohn operiert werden, er fragte mich ob ich ihm die OP sachen anziehen würde, klar doch mache ich.Als ich morgens um halb sieben kam ,war noch alles dunkel in dem 4. Bett Zimmer, also verhielt ich mich leise und setzte mich auf den Stuhl, so gegen 7.00 Uhr kam die Schwester und machte das Licht an . Mein Sohn wurde wach und sah mich da sitzen, er sagte ,mensch Mama du musst mir noch Helfen mit den OP sachen, er sprang auf und ging ins Bad, ich folgte ihm,er hetzte sich ab mit dem Oberteil und den Strümpfen , ich habe ihm geholfen. Er war so hektisch, dass ich zu ihm sagte, mach doch langsam ohne dich fangen die eh nicht an. Da mussten wir beide lachen und er wurde ruhiger.Er legte sich ins Bett, da kamen auch schon die Schwestern und holten ihn ab, wir winkten uns zu und ich sagte ihm egal wo du aufwachst ich bin da, auch wärend der OP bin ich bei dir.Es hätte mir jemand ein Messer in den Bauch stechen können ich hätte kein Tropfen Blut gegeben.Wir wollten warten bis er wieder kommt. Doch eine Schwester kam und sagte die OP dauert bestimmt bis so gegen 15.00 Uhr, wir sollten in unser Zimmer gehen sie würden uns anrufen.

Ich musste doch was tun, ich konnte doch nicht nur rumsitzen und warten. Zuerst habe ich Kaffee gekocht, wir gingen ins Fernsehzimmer (dort durfte man rauchen), mein Mann und ich waren alleine, wir tranken Kaffee an mass, und rauchten wie die Schlote.Stumm sahsen wir da, jeder seinen eigenen Gedanken verfallen. Ich stand auf und ging in unser Zimmer, dort machte ich sauber und habe wäsche gewaschen aber die Zeit schien still zu stehen.Manchmal habe ich vor lauter Tränen nichts mehr gesehen.wir gingen wieder ins Fernseh zimmer, die Pensionswirtin kam zu uns und tröstete uns so gut sie konnte, nur was sie sagte habe ich nicht wahr genommen, ich war mit den Gedanken bei meinem Sohn.

Mein Mann schlug vor was essen zu gehen aber vorher rief er in der Klinik an , es gibt nichts neues sagten die.Die Wirtin erklärte meinem Mann wo man was essen konnte.(Ich habe immer gegessen um nicht die Kraft zu verlieren die ich für meinen Sohn brauchte, das war für mich sehr wichtig).Als wir aus dem Haus gingen nahm mein Mann meine Hand und wir gingen jeder in seine Gedanken verschlungen nebeneinander her.Ich sagte zu meinem Mann das er sich den Weg merken sollte, damit wir ja wieder zurück finden, das tat er dann auch.Wir kamen an eine Pizzeria, gegenüber war die Universität, lauter gesunde junge Menschen liefen da rum- so meine Gedanken. Wir gingen in die Pizzeria und haben gegessen, was man essen nennen konnte, vor lauter weinen erstickte ich bald am Essen (mein Mann auch).Jedesmal wenn ich diese Pizzasorte esse muss ich daren denken.Nach einer weile gingen wir wieder zurück in unsere Unterkunft. Wieder ins Rauche zimmer, dort war ein Buch mit gedichten, das eine war genau richtig für meine Situation:

Tränen:ich weine um dich------verzweifelt---abgrundtief---graue Träume---gedankenschwer----verloren im Schmerz---du fehlst mir.

Es war kurz vor 15.00 Uhr, mein Mann rief in der Klinik an, dort sagten sie wir könnten kommen O. käme gleich aufs Zimmer, nicht auf Intensiv. Wir gingen los, wir mussten nur über die Strasse und dann waren wir schon in der Klinik. Wir standen an der Fussgänger Ampel die war rot, ich wusste gar nicht das eine Ampel sooooo lange rot sein konnte, wenn mein Mann mich nicht festgehalten hätte ich wäre so drüber gelaufen.

Wir kamen im KK an, O. wurde gerade in sein Zimmer geschoben, überall Schläuche, sein ganzer Oberkörber war verbunden. Er schlief.Ein Arzt kam und sagte das die OP sehr gut verlaufen wäre, O. hätte Blut bekommen, eine Schwester kümmerte sich nun nur um ihn.Ich schaut meinen Mann an er mich und wir mussten weinen - war es erleichterung oder weil doch der Arm amputiert werden musste? wir wissen es heute noch nicht.O. macht die Augen auf er sah mich an, ich schüttelte mit dem Kopf , so wusste er das man seinen Arm nicht erhalten konnte.Ich streichelte ihn über die Wange aber ich habe nicht geweint, dass hatte ich ja meinem Sohn versprochen.Er war noch ziehmlich benommen und sagte sein Ohr schmerzt, ich habe nachgesehen, es war geknickt. Sie hatten ihn bestimmt die 8 Stunden wärend der OP auf einem geknickten Ohr liegen gelassen. Das ihm das nun schmerzte war klar.Die Ärzte hatten ihm noch einen Port ein gesetzt.Wir blieben sehr lange bei O.,aber die anderen Zimmergenossen wollten auch mal schlafen, also gingen wir. Mein Sohn bekam fast nichts mit er schlief noch sehr viel. Die Schwester sagte, wenn was ist rufen wir sie an.Mein Mann und ich gingen.Als wir auf dem Weg zu unserem Zimmer waren, nahm mein Mann meine Hand,wir gingen ohne Worte mit Tränen in den Augen nebeneinander her.

Gaby
Mit Zitat antworten