Einzelnen Beitrag anzeigen
  #47  
Alt 12.04.2006, 10:58
schwarzwaldmädle schwarzwaldmädle ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 09.01.2006
Ort: München
Beiträge: 110
Standard AW: diffuses Astrozytom III und Strahlentherapie

Hallo Ihr Lieben,

habe mich lange nicht gemeldet.....ganz einfach weil ich so mutlos bin und mich so kraftlos fühle......es "dümpelt" alles so vor sich hin.

Einen Tag geht es besser - sofern man von besser sprechen kann - dann ist mein Paps ein paar Stunden wach und nimmt ein bissel Nahrung zu sich und man kann sich mit ihm unterhalten (wobei ja mein Paps nicht mehr sprechen kann und somit nur mit einem Nicken oder einem Kopfschütteln antwortet). Dafür ist es dann wieder 2 Tage schlecht und er schläft komplett durch und bekommt gar nichts mit. Er wird immer weniger und der ganze Körper wird kontinuierlich von einem Zittern durch geschüttelt, was wohl von den epileptischen Anfällen kommt, die durch Medikamente unterdrückt werden.


Meinen Paps so zu sehen zerreißt mich......ich bin zur Zeit zu hause bei ihm (habe 2 Wochen Urlaub)....ich stehe an seinem Bett und würde am liebsten rufen "komm Papa steh auf, du schaffst das".....er war doch immer so stark, nie krank und immer so fröhlich.....aber er kommt ja zur zeit wieder kaum zu sich.....und er ist sooo schwach.....
Aber nach wie vor das fatale ist, dass man absolut nichts sieht von seiner Krankheit. Klar, er hat abgenommen, aber ansonsten sieht er gesund aus, wie jemand der halt ein Nickerchen macht......und deswegen mag man nicht glauben, dass nichts mehr geht......deswegen gaukle ich mir manchmal immer noch vor, dass er gleich die Augen aufmachen wird und sich aus dem Bett schwingt und mich fragt, was es den zu essen gibt.....

Ich lebe im Moment teilweise nicht in der Gegenwart sondern in der Vergangenheit.....ich lebe von Erinnerungen auch wenn mich der Schmerz dabei fast zerreißt.....egal an welchen Orten ich bin....ich denke immer daran wie es war als ich mit meinem Paps an diesen Orten war und was wir gesagt und getan haben.......und dann wünsche ich mir immer so sehr die Uhren zurück drehen zu können......

Gott sei Dank habe ich einen Partner der sehr lieb und verständnisvoll ist.....denn ich habe mich schon sehr verändert.....und ich habe Angst, dass ich den Weg nicht mehr zurück in die Gegenwart finden werde....

Mein Partner darf mich zur Zeit nicht mal berühren, dann tickere ich schon aus........ich höre ihm gar nicht mehr zu und blicke ihn oft mit leeren Augen an wenn er mir was erzählt.....
Ich weiß nicht wie lange ER das noch so aushält - bisher ist er unwahrscheinlich liebevoll zu mir....aber ich kann im Moment einfach nichts an meinem Verhalten ändern.....ich drehe manchmal wegen Kleinigkeiten durch und dabei war ich meist so gelassen wenn irgend was mal nicht nach Plan lief.....mein Motto war immer "Ich muss es so nehmen wie es kommt - dann bewältige ich es wenigstens mit Humor".....aber das Motto gilt schon lange nicht mehr.....

Wie schafft ihr das alle bloß mit der Situation um zu gehen? Ich kann es nicht und ich habe Angst, dass ich das alles nicht mehr packe......
Ich rede mir so oft ein und sage es mir immer wieder, dass hier so viele Menschen sind, denen es nicht besser geht - die genau so leiden wie ich - teilweise sogar noch schlimmer und trotzdem hilft es mir nicht.......

Liebe Grüße
Dagmar

PS: Es will und will nicht Frühjahr werden. Wie passend.....Winter im Herzen und Winter in der Natur.......
__________________
----------------
Es zählen nicht die Jahre im Leben sondern das Leben in den Jahren
Abraham Lincoln
----------------
Mit Zitat antworten