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Alt 26.01.2003, 19:24
Gast
 
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Standard niere raus...tumor raus....was nun?????

Liebe Annette,
ich möchte versuchen, Dir auf Deine Fragen ein paar Antworten zu geben. Habe in diesem Teil des Forums aber auch schon öfter über die Immunchemo mit Interferon / Interleukin und 5 FU geschrieben, vielleicht hast Du einen Teil davon schon gelesen.

Zunächst einmal zur Biopsie des Lymphknotens im Mediastinum: auf der einen Seite würde Euch die Biopsie Gewissheit bzgl. der Histologie geben. Auf der anderen Seite wäre sie, wie Du selbst sagst, nicht ungefährlich und auch risikoreich. Und außer der histologischen Gewissheit hättet Ihr meiner Meinung nach nichts gewonnen, denn der Lymphknoten ist inoperabel, wie Du schreibst.
Dein Mann hatte aber schon bei der Nierenentfernung einen positiven Lymphknoten, also eine Lymphknotenmetastase, die die Möglichkeit hatte, über die Lymphbahnen zu streuen. ( Hatte mein Mann übrigens auch. ) In so einem Fall ist IMMER eine postoperative Immunchemotherapie indiziert. Und ich würde, wenn es der Allgemeinzustand Deines Mannes zulässt, nicht mit dem Beginn dieser Therapie länger warten.Allerdings MUSS er sich in gutem Allgemeinzustand befinden, denn die Therapie schlaucht immens!
Die MÖGLICHEN Nebenwirkungen dieser Therapie können sehr vielfältig und auch schwerwiegend sein. Aber es müssen ja nicht unbedingt ALLE Nebenwirkungen auftreten. Nahezu immer treten hohes Fieber auf ( teilweise über 40 Grad )mit Schüttelfrost, erheblichen Knochen-,Glieder- und Muskelschmerzen, Müdigkeit, Schlappheit, Übelkeit und Appetitlosigkeit auf. Gegen das Fieber werden Medikamente wie Paracetamol und Novalgin vorbeugend sowie gezielt eingesetzt ( zusätzlich Wadenwickel bei Bedarf ). Der Flüssigkeitsverlust durch das hohe Fieber muß mit Trinkmengen von mindestens 2 - 3 Litern por Tag ausgeglichen werden. Gegen Übelkeit und gegebenenfalls auch Erbrechen wird Paspertin verabreicht, bei Übelkeit bedingt durch das 5 FU ( Chemotherapeutikum ) hilft "Zofran 4 mg sublingual" besser ( wird von den Ärzten nicht so gern sofort verschrieben, da es sehr teuer ist! ).
Blutbild, Nierenwerte und Elektrolyte sollten engmaschig unter der Therapie kontrolliert werden, da die Nierenfunktion beeinträchtigt werden kann und das Blutbild, insbesondere die Leukozyten und der Hämoglobinwert, unter der Therapie absinken. Die Nierenwerte wie Kreatinin steigen in der Regel an ( auf ausreichende Ausscheidung muß geachtet werden ).
Eine weitere Nebenwirkung, die mein Mann sich zugezogen hatte, ist eine Infektion der oberen Luftwege, sprich Bronchitis, wegen der wir mit der Therapie 14 Tage pausieren mussten. Tritt laut Beipackzettel der Medikamente aber selten auf, genauso wie Muskelkontraktionen, die mein Man nur im Bereich der Waden hatte, dafür hatte er aber einen über 8 Tage anhaltenden Dauerschluckauf, der sehr, sehr quälend war, teilweise in "Serien" auftrat und nur zeitmäßig kurze Ruheintervalle hatte. Herzrhythmusstörungen hatte mein Mann auch, allerdings unbedenkliche, und leichte Belastungsluftnot. Desweiteren leidet die Haut ziemlich unter der Therapie: sie wird sehr trocken und juckt sehr stark, schuppt teilweise ( hält auch nach der Therapie noch eine Zeit lang an!). Hier ist gute Hautpflege auch schon unter der Therapie angesagt.
Jetzt, nachdem wir am 20.12.02 den ersten Zyklus dieser Therapie abgeschlossen haben, leidet mein Mann unter stärkerem Haarausfall. Sämtliche Blutwerte haben sich in der Zwischenzeit aber wieder normalisiert ( Leukozyten waren ziemlich gesunken und das Kreatinin angestiegen )und die körperliche Schwäche und Abgeschlagenheit ist fast ganz weg.
Die Immunchemo wird über einen Zyklus von 8 Wochen durchgeführt - meistens werden die Patienten in der Klinik eingestellt und dann wird die Therapie zu Hause weiter durchgeführt. An jeweils 3 Tagen in der Woche werden die Interferon - / Interleukininjektionen ins Unterhautfettgewebe durchgeführt, jeweils mit einem "Erholungstag" dazwischen, der therapiefrei ist. An diesen therapiefreien Tagen ist das Fieber zwar nicht mehr da, dafür sind aber die Knochen-und Muskelschmerzen sowie die Abgeschlagenheit stärker. Eigentlich ging es meinem Mann ab Mittag des nächsten Therapietages immer am besten, aber dann gab es abends schon wieder die nächste Injektion. Das Chemotherapeutikum 5 FU wird als Infusion verabreicht, einmal wöchentlich über einen Zeitraum von 4 Wochen.
Tja, das sind unsere Erfahrungen mit Nebenwirkungen unter der Immunchemo. Sie ist recht belastend,auch psychisch, aber sie ist zu schaffen!Wichtig ist ein guter Allgemeinzustand vor Beginn der Therapie, denn die Nebenwirkungen sind in ihrer Intensität nicht zu unterschätzen.
Und bitte: das sind die Erfahrungen, die WIR hier unter der Therapie gemacht haben. Es gibt sicher Patienten, die noch unter weit mehr Nebenwirkungen zu leiden hatten, oder bei denen die Therapie auch abgebrochen werden mußte. Der Beipackzettel der Medikamente ist wie gesagt sehr lang mit seinen MÖGLICHEN Nebenwirkungen. Und es kommt immer auf den einzelnen Patienten und auch auf seine Vorerkrankungen an. Solltest Du noch spezielle Fragen haben, bei denen ich Dir helfen kann, melde Dich ruhig. Es würde mich freuen, von Dir noch mal zu hören, vielleicht mit besseren Nachrichten. Ich wünsche Euch alles Gute und drücke Euch die Daumen für eine erfolgreiche Therapie.
Liebe Grüße,
Ulrike
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