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Alt 27.05.2006, 10:37
Michael_D Michael_D ist offline
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Standard AW: Frage an Michael D

Liebe Gerdi und liebe Erika,

es ehrt mich ja, daß Du mich hier so direkt ansprichst. Hoffentlich kann ich den Erwartungen gerecht werden.

Bei der Brachytherapie (oder Afterloadingbestrahlung) handelt es sich im Prinzip um eine rein palliative Maßnahme, um Beschwerden wie Verschlüsse, Blutungen, Atemnot, Husten o.ä. zu lindern. Die Technik funktioniert so, wie Erika das beschrieben hat. Man kann mittels dieser Form der Bestrahlung unter Umständen eine lokale Tumorkontrolle erreichen, die ein paar Monate anhält, Patienten erhalten im ein- bis dreiwöchigen Abstand zwei bis vier Bestrahlungen mit vier bis acht Grey (Strahlendosis). Das Problem ist jedoch, daß die Strahlendosis, die man appliziert, nur über eine äußerst kurze Reichweite verfügt, sie fällt nach einigen Millimetern bereits stark ab. Aus diesem Grund eignen sich für diese Form der Therapie eigentlich nur Tumorstrukturen, die beispielsweise in die Bronchien einwachsen oder sehr nahe von diesen lokalisiert sind. Eine gewisse Grenze stellt auch ein Querdurchmesser von 3cm dar.

In Ausnahmefällen können Tumoren, die zentral sitzen, inoperabel sind und eine Größe von weniger als 2cm aufweisen, kurativ (also "heilend") mit Afterloading behandelt werden (so steht es in Laack/Hossfeld, Deutsches Ärzteblatt 97, Heft 7, 18. Februar 2000). Dies könnte bei Erika der Fall gewesen sein (Ich hatte Dich auch einmal angeschrieben, Erika, um etwas mehr über Deine Geschichte zu erfahren, leider hast Du nicht geantwortet). Auf jeden Fall ist es nicht zutreffend, daß ein positiver Lymphknotenbefall gegen eine Afterloading-Bestrahlung spricht. Es handelt sich ja, wie gesagt, in erster Linie um eine palliative Maßnahme zur lokalen Tumorkontrolle.

So viel zu Theorie. Gerdi, ich kann Dich sehr gut verstehen, daß Du Dir den Kopf zermarterst, was man hätte anders oder besser machen können. Es bringt nur nichts. Ob Deinem Claudio Afterloading genützt hätte, kann natürlich nicht beantwortet werden (vor allem nicht von mir). Im Zweifel: wenn es in Frage gekommen wäre, hätten es die Ärzte wohl gemacht. (Andererseits denke ich doch, daß es nicht zu unverschämt ist, den behandelnden Arzt zu fragen, wenn Dich das umtreibt) Es ist überdies so, daß durch die Afterloading kein Überlebensvorteil im Sinne eines längeren Überlebens nachgewiesen ist, verstehst Du? Es handelt sich lediglich um eine Maßnahme, die die Symptome lindert. Die Krankheit ist im fortgeschrittenen Stadium leider sehr gravierend und umfassend, so daß eine einzelne Maßnahme leider nicht mehr eine Wende zum Besseren bringt.

Ich lese absolut gern, was Erika im Forum so schreibt, weil ihr Fall doch ein tolles Beispiel ist, daß man diese Krankheit auch besiegen kann. Doch auch bei aller Freude darf man nicht vergessen, daß die allermeisten Betroffenen zumeist früher, selten später, an diesem Leiden versterben - auch, wenn sie im Kampf alles gegeben haben, von ihren Angehörigen über alles geliebt und unterstützt wurden und die bestmögliche Therapie erhalten haben.

Michael
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