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Alt 31.07.2006, 01:08
Polarbärin Polarbärin ist offline
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Standard AW: Mein Papa gibt sich selber auf

Hallo ihr Lieben,

meine Mami und ich sind heute am Rhein entlanggefahren, haben das Grün so richtig inhaliert, ich habe versucht irgendwie Kraft aus dem Himmel und den Bäumen zu "saugen". Ich habe meine Einstellung zum Leben und der eigenen Psyche total überdacht. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich jemals so ändern könnte.

Das Handy meiner Mum klingelte. Eine Krankenschwester, mit der meine Mum vorher mal zusammen gearbeitet hat, auf der Onkologie. Wir sollen kommen, es geht zu Ende.

Ich war erstaunlich gefasst, wie die zwei Tage schon zuvor. Ich weiss nicht warum. Ich baue Mum auf, wie ich nur kann. Ich stehe meinem Papa zur Seite. Ich kann mich nur nicht zweiteilen. Ich habe schon seit einigen Tagen nicht mehr geweint. Ich weiss nicht warum. Gut kann das doch nicht sein? Wir sind dann zurückgeradelt, was etwas gedauert hat und meine Mum, die ja eigentlich von ihm getrennt lebt, war total aufgelöst. Ich kam mir so falsch vor, als ich sie auch an die schlechten Zeiten mit ihm erinnerte. Ich sagte, sie solle endlich mal an SICH denken, SIE braucht jetzt die Kraft und ICH bin für Papa da. Sie sagte, eigentlich hätte ich ja Recht...

Im Krankenhaus war schon die Familie, mit der ich nie viel Kontakt hatte, da sie u.A. weiter weg wohnt. Wie furchtbar. Alle stehen um ihn herum, wie in einem schlechten Film. Wie eine Mauer ,sagte sogar eine Krankenschwester. Fand ich passend. Ich sass am Kopf und nahm seine Hand. Ich war die Einzige, die mit ihm gesprochen hat. Die Anderen sprachen nur ÜBER ihn. Über den Tod. Wie ätzend! Ich sagte, Papa kann euch hören, auch wenn er sich nicht mehr artikulieren kann!

Plötzlich machte er seine Augen auf. Ich stand auf, schaute genau in seine schönen, braunen Augen. Er schaute mich ganz intensiv an. Ich sprach mit ihm. Dass ich da bin. Seine Hand halte. Ihn sehr liebe. Er brauche nichts zu sagen, ich weiss was er mir sagen möchte, ich kann es an seinen Augen ablesen, mit meinem Herzen. Alle um mich herum heulten, gingen hinaus, ich lächelte ihn an. Ich bin da Papa.....Ich weinte nicht. Ich versuchte ihm durch meine Mimik etwas seine Angst zu nehmen. Er kann sich auf mich verlassen. Ich lasse mich nicht hängen! Was hätte Papa davon...

Die "Antwort" kam ziemlich schnell. Mein Onkel erzählte irgendetwas von Brustkrebs einer Bekannten, seehr passend, in dieser Situation! Das legt bei mir einen Schalter um. Ich konnt nicht mehr. Ich rannte HEULEND raus (ich weine NIE öffentlich!!!) Jetzt schon. Die Schwester hatte gedacht, er sei schon gegangen. Ich fühlte mich danach aber wieder total stark und war froh, dass die ganze Famile für eine Stunde verschwand um "kurz" nach Hause zu fahren. Inzwischen waren meine Söhne vom Papa wieder da und mein Ältester war allein mit mir in diesem Krankenzimmer.

Es war so schön still. So friedvoll. Ich sagte meinem Papa alles! Ich bin da, doch diesen Weg müsse er trotzdem alleine gehen, ich aber immer mit ihm sprechen würde, auch in einigen Jahren. Ich wüsste, dass er mich und die Enkel sehr, sehr lieben würde. Ich denke an ihn, das werde ich immer tun. Ich versuchte mir auszumalen, was er mir in so einer Situation wohl gesagt hätte und sagte es dann für ihn. Ih entschuldigte mich dann aber, weil ich nicht genau wusste, ob ich ihn nicht total "zuquatschen" würde! Doch er sah so ruhig aus. Also redete ich weiter. Ich kramte positive Sachen aus meinem Hirn. Erzählte über die Kinder....

Er ist noch nicht gegangen. Meine Tante ist bei ihm. Ich konnte nicht mehr dort bleiben, wegen der Kleinen. Das wäre ich aber sehr gerne. Aber ich denke, ich werde ihn fühlen, wenn es soweit ist ?

Ich weiss nicht, vielleicht bilde ich mir auch nur ein, für sowas sensibilisiert zu sein. Als ich ging war ich mir sicher, er würde auf uns aufpassen...bald....nicht mehr von dieser Erde aus.

Tja, und jetzt kann ich nicht schlafen. Und tippe hier, nachdem ich endlich meinen Riesenheulausbruch hatte! In mein Kissen hinein!

Ich hoffe, ich klinge hier nicht irgendwie "seltsam". Es ist nur eine grosse Ausnahmesituation für uns! Vielleicht schreibe ich auch irgendeinen Unsinn zusammen. Doch ich muss schreiben.

Komisch gerade muss ich daran denken, dass der Nikolaus diesees Jahr nicht mehr kommen kann...es war immer der Opa und mein Ältester hatte sich schon gewundert, dass er Opis Schuhe trug...

Es ist so zum heulen!!!!!!!!! Ich glaube, ich habe nur die Hälfte realisiert, fällt mir gerade auf!!!

Ihr Lieben, ich wünsche euch so viel Kraft, es wäre so schön wenn ich euch etwas abgeben könnte! Wir müssen da einfach durch und ich bin fest davon überzeugt, wenn wir es geschafft habe, werden wir enorm daran wachsen! Vielleicht erweitern wir auch unseren Horizont und sehen nicht alles als so selbstverständlich an!


Herzliche Grüsse,

die Polarbärin
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