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Alt 06.04.2003, 13:20
Gast
 
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Standard Wünsche für Michi

Diese Schmerzen...sie bringen mich heute um den Verstand...mein Arzt hat mir gesagt, wenn es nicht aufhört mit der Bluterei, habe ich noch 2, vielleicht 3 Monate zu leben...es gibt die Möglichkeit einer OP, eine Op, bei der dem Tumor Platz gemacht werden soll. Ist das nicht pervers? Ich soll diesem Scheissding in mir auch noch Platz machen, damit er weiter wachsen kann...es soll die Gebärmutter, die Eierstöcke, einen grossteil von Darm, der rechte Lungenflügel, die 2 unteren Rippen und was weiss ich noch alles entfernt werden. Den Rest meines Lebens (kann man das noch Leben nennen?) bin ich dann ans Bett gefesselt...ich habe eine 20%ige Chance, dass ich aus dieser Narkose wieder aufwache...Wahnsinn! Ich habe gestern meinem Mann gesagt, dass ich diese OP nicht machen werde. Das ich damit dem Tumor die Chance gebe, mich weiter auf seine Art zu drangsalieren, weiss ich. Er schafft sich Platz...hat es schon die ganze Zeit getan...meine unteren Rippen sind deformiert, verschiedene Organe haben sich verschoben, ich habe seit ein paar Tagen einen Riss im Magen, der sich auf 6cm erstreckt...die Gefahr eines Magendurchbruchs ist sehr gross. Aber ich stehe noch aufrecht...mein Arzt sagte mir, dass ich einen starken Willen und eine noch viel stärkere Seele hätte...bringt das was, wenn es einem körperlich so schlecht geht? Ich denke aus Dauer gesehen nicht. Die Schmerzen machen mich wahnsinnig...seit fast 2 Jahren Dauerschmerz...klar, mal mehr, mal weniger, aber immer da. Ruhe zu finden ist mir mittlerweile nur noch ganz selten möglich...der Tumor lässt dass ja nicht zu...er erinnert mich ständig daran, das er da ist und das er mich beherrscht. Es gibt Quellen der Ruhe, manchmal...bei meinem Mann, meinen Kindern, meinen Freunden...ich liebe euch! Möchte euch nicht verletzen und weiss doch, dass ich es schon getan habe. Ich habe gestern fast 5 Stunden mit Thorsten über den Tod, das Sterben, den Krebs...über so vieles geredet. Es war ein reinigendes Gespräch...wir haben beide unseren Schmerz heraus geweint. Kennt ihr das, wenn man innerlich vor seelischer Pein brüllt? Wisst ihr, wie das ist, wenn Dein Mann zu Dir sagt: "Ich will und ich kann nicht ohne Dich leben? Ich verfluche es , dass die Kinder da sind! Denn ich MUSS hierbleiben, für die Kinder! Dabei WILL ich mir Dir gehen!"
Und ich würde ihn und die kinder so gerne dort mit hinnehmen, wo ich hingehe und weiss gleichzeitig, wie ungerecht das ist...wie egoistisch von mir, so zu denken. Aber ich liebe sie so sehr...ich will sie nicht hier lassen, sie sind mein Leben. Ich habe so lange gewartet, um glücklich zu sein. Jetzt bin ich es!!! Warum nimmt man mir das? Wer ist es, der das entscheidet? Ein Gott? Kann ein Gott so ungerecht sein? Ich versuche die ganze Zeit etwas positives aus der Krankheit zu ziehen. Ja, wenn ich nicht krank geworden wäre, hätte ich die besten Freunde, die ich jemals hatte, vielleicht niemals kennengelernt. Wobei...ich denke, dass ich sie doch kennengelernt hätte, weil wir dazu bestimmt waren uns zu finden. Ich habe gestern zu meinem Mann gesagt, dass ich niemals ganz verschwinde, solange er mich liebt. Meine Seele bleibt bei ihm...immer, solange er das will. Und ich nehme seine und die Liebe meiner Kinder und meiner Freunde mit dorthin, wo ich gehen muss.
Michi