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Alt 18.04.2003, 15:03
Gast
 
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Standard Problem / Gedanken

Liebe Burgi,

ja, ich spüre, dass Du fühlst, was ich meine und mich bewegt.Auch unser "Freundeskreis" lebt sein Leben in duchgestyltem Ambiente und MAN geht essen, wo es gerade IN ist. Das lag mir nie sehr, aber wir haben das "Spiel" zum Teil mitgespielt. Nun kann ich es definitiv NICHT mehr ertragen, denn diese Banalitäten sind absolut unwichtig geworden. Und dennoch verstehe ich unsere Freunde, SIE haben nicht DEN Verlust erlitten, und sie leben ihr Leben noch mehr auf der "Überholspur" seit mein Mann nicht mehr da ist, weil sie zumindest begriffen haben, dass das Leben endlich ist. Aber es mangelt an Verständnis und Sensibilität und "ein Trauerkloß", wie ich es geworden bin, ist natürlich kein amüsanter Unterhalter.Ich habe fast alle Kontakte abgebrochen,- es bleiben einige (sehr wenige) Menschen mit denen ich mal telefoniere oder maile (der persönliche Kontakt ist mir schon meist zuviel). Hier im KK habe ich eine liebe neue Freundin gefunden, die mich seit Monaten immer wieder aufbaut,und die Arme hat häufig ihre Last mit meiner Jammerei,- aber sie erträgt sie geduldig und liebevoll. Das war eine schöne und ganz ungewohnte Erfahrung!
Ja, ich habe mit meinem Mann ALLES verloren, was das Leben für mich lebenswert gemacht hat. Er war(ist) die Liebe meines Lebens. Und ich habe auch mich verloren (auch das hast Du richtig erkannt), ich erkenne mich selbst nicht mehr, weder äußerlich noch innerlich.Aber ich könnte mir vorstellen, dass das "Weglaufen" (wie Du es nennst) zumindest die Gedanken "still legt" und einem den ersehnten unendlich Frieden bringt...und wer weiss,- vielleicht sogar das Wiederfinden meines "Gegenstücks".
Um Deine Frage zu beantworten, ich bin 52 J. und fühle mich wie mindestens 80J. und lebe auch so, bzw leben ist es nicht mehr, sondern allenfalls funktionieren, falls erforderlich und ansonsten vegitieren.Ich bin müde und ausgelaugt vor Erschöpfung, Schmerz und Trauer!
Es ist schrecklich in noch jüngeren Jahren seinen Mann zu verlieren, und ein Mann mit 31 J. rechnet wirklich nicht damit schon alles zu verlieren, was ihm das Leben bedeutet hat. Es tut mir auch für DIICH unendlich leid, denn selbst sechs Jahre sind keine Zeit,- das Leben hätte Euch noch soviel geben müssen.Und nun hast Du auch noch den Schmerz mit Deiner Mutter durchzuleben....Ich weiss, bei Eltern rechnet man irgendwann damit, dass sie altersgemäß "gehen" müssen, aber dennoch tut es weh und wenn es auf so schreckliche Weise geschieht, wie hier bei all diesen Krebsfällen, steht man hilflos daneben...Ich kann Dir keine Hoffnung geben, Du hast selbst zuviel mitgemacht um es nicht besser zu wissen,- aber bisher hast Du alles "überstanden", und ich wünsche Dir von Herzen, dass Du es schaffst, Deine Mutter noch so zu begleiten, dass Du hinterher Deine eigene Ruhe diesbezgl findest. Ich selbst habe auch ein etwas "gespaltenes" Verhältnis zu meiner Mutter und kann Dich auch disbezgl gut verstehen, aber in dieser Situation muß das hintenan stehen, sonst würdest Du später nicht in Frieden leben können. Menschen können nicht aus ihrer Haut (ich weiss, wovon ich schreibe..)
Mein Mann war 60 J. und gerade nach sehr anstrengendem Berufsleben in seinen Ruhestand gegangen. Ich weiss, für die meisten Schreiberinnen hier (die doch viel jünger sind) ist dieses Alter ein Alter, in dem man sein Leben gelebt hat. Das war bei uns nicht so,- JETZT hätte mein Mann endlich mal Zeit und Muße gehabt auch ein wenig zur Ruhe zu kommen und all die Dinge intensiv zu betreiben, zu denen meist die Zeit gefehlt hat,und in meinen Augen war er wie ein Junge, der sich auf sein neues "Spielzeug" freute, das man ihm dann auf so schrecklich qualvolle Weise genommen hat.Er war so liebevoll und liebenswert....
Ich habe mich über Deine mails gefreut, und sie haben mir heute ein Stück Einsamkeit erleichtert. Mein Mann starb letztes Jahr kurz vor Ostern und da war ich nicht "bei mir", dieses Jahr "erlebe" ich Ostern bewußt und das tut weh (mein Mann freute sich immer wie ein Kind auf sein dickes Osternest..)Alles, was uns im Leben etwas bedeutet hat ist fort.

Liebe Grüße an Dich und nicht allzuviel Kummer und Sorgen in den nächsten Tagen....
Nadine
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