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Alt 24.03.2007, 13:17
Cali1 Cali1 ist offline
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Registriert seit: 24.03.2007
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Standard AW: Mein Vater stirbt

Liebe Lisa,
ich lese schon seit einiger Zeit die Beiträge, aber heute möchte ich dir ein paar Gedanken schreiben.
Die Sache mit deinem Vater tut mir sehr sehr leid. Ich kann nur zu gut nachempfinden, wie man sich fühlt, wenn man nur daneben stehen und nicht helfen kann. Auf der einen Seite ist da die Hoffnung, seinen Vater noch so lange wie irgend möglich bei sich zu haben, aber auf der anderen Seite denkt man, möge doch das Leiden nicht zu lange dauern.
Bei meinem Vater (67) kam Mitte Dezember die niederschmetternde Nachricht: nicht kleinzelliges Bronchialkarzinom Stadium IV, nicht operabel, nicht bestrahlbar. Es war so schlimm, weil ich sofort wusste, dass es keine Chance auf Heilung gibt. Mein Schwiegervater ist im September 2005 an Lungenkrebs gestorben, damals hatte ich darüber schon so viel gelesen.
Das Grausame ist diese Endgültigkeit. Mein Sohn hat gesagt, wenn sein Opa einen Autounfall gehabt hätte und wäre gestorben, dann wäre das ganz ganz schlimm, aber so, genau zu wissen er wird bald sterben, ist um ein vielfaches schlimmer.
Mein Papa hat nun im Januar eine Chemo begonnen. Die Ärzte haben ihm dazu geraten, weil es ihm eine Lebensverlängerung bieten kann. Er hat jetzt 4 Zyklen hinter sich, nach dem 1. Zyklus hieß es, der Primärtumor hat sich verkleinert. Das war so eine tolle Nachricht, aber die Wahrheit ist, es geht immer mehr bergab. Seit er die Chemo angefangen hat, geht es ihm ziemlich schlecht. Er ist so schlapp, kann manchmal kaum bis zur Toilette laufen. Er ist total in sich zusammen gesunken und hat viel Gewicht verloren. Er hat auch immer wieder Fieberschübe. Anfang Februar war es ganz schlimm, da habe sie dann auch Pilze in der Lunge festgestellt. Dazu dieser quälende Husten. Mit Medikamenten geht er eher sparsam um. Ich hab so das Gefühl, er denkt, je mehr er einnehmen muß, desto näher ist das Ende. Aber am Schlimmsten ist diese Luftnot. Letztes Wochenende war meine Mutter kurz davor, den Notarzt zu holen. Wollte mein Vater aber nicht. Dienstag ist er dann doch ins Krankenhaus gekommen. Angeblich hat er genug Sauerstoff im Blut, aber hauptsächlich nachts hat er das Gefühl zu ersticken und ohne Sauerstoff geht es nicht. Die Ärzte sind da nicht so glücklich drüber, weil die Sauerstoffkonzentration im Blut nicht zu hoch sein darf. Vielleicht lag es aber auch an den sehr schlechten Blutwerten, Mittwoch hat er eine Bluttransfusion bekommen. Und Donnerstag endlich einen Port, der hoffentlich auch einiges etwas erleichtert.
Ich hatte so gehofft, dass ihm noch etwas mehr Zeit bleibt und vor allem eine einigermaßen Lebensqualität. Dass er den Frühling und den Sommer noch genießen kann, draußen sitzen kann. Es tut so weh, ihn so leiden zu sehen. Meine Mutter hält sich auch tapfer, aber ich weiss, es geht an ihre Grenzen. Zumal sie gesundheitlich auch nicht so fit ist.
Morgen besuchen wir meinen Papa im Krankenhaus. Alles, was wir tun können, ist für ihn da zu sein. Nur die Hoffnung nicht aufgeben. Vielleicht kommen doch noch mal bessere Zeiten, wer weiss. Mein Schwiegervater ist dafür ein gutes Beispiel. Er hat immer gesagt, er hat nicht wirklich Angst vor dem Tod, er hat nur Angst, qualvoll zu ersticken. Es ging ihm dann schon längere Zeit sehr schlecht, mit Hilfe meiner Schwiegermutter hat er es aber geschafft, sich noch mal aufzuraffen. Sie hat beiden einen letzten Wunsch erfüllt, sie sind tatsächlich noch an die Ostsee gefahren. Mit Rollstuhl und Sauerstoffgerät. Leider ist er dort am 2. Tag verstorben, aber er musste nicht leiden.
Liebe Lisa, ich wünsche dir und deinem Papa alles erdenklich Gute. Dass ihr die Kraft habt, den vor euch liegenden Weg zu gehen.
Liebe Grüsse
Manuela
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