Thema: Stammtisch
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Alt 02.04.2007, 14:34
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AndreaS AndreaS ist offline
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Standard AW: Stammtisch

Ja, Anemone hat Recht. Es ist sehr ruhig geworden.

Darf ich euch ein wenig erzählen? Das erste Vorsortieren der Gedanken und Gefühle, die Ereignisse haben sich überschlagen in den letzten Wochen. Noch nicht alles wirklich realisiert, vielleicht deshalb den Abschied auf Zeit nicht so dramatisch gespürt wie befürchtet.

Nach 6 Jahren der Knall und die dadurch erfolgte Kündigung. Erstmals Existenzängste. Seltsam, nach Claus Tod hätten sie eigentlich massiver sein müssen, waren sie nicht. Waren nicht vordergründig, klar, hatte anderes zu fühlen und zu denken. Geht es doch nur um Geld. Diesmal, zwei Jahre später, bereits ein gutes Stück raus aus dem tiefen, dunklen Loch. Das Leben gerade neu sortiert, Hoffnungen, Pläne. Nun, der Rückschlag hat mich irritiert. Erstmals tatsächlich hoch und runter gerechnet, wird es gehen? Kann es gehen? Nein, bitte keine fremde Hilfe, auch wenn sie nicht wirklich fremd wäre, aber auch auf dieser Seite soll es besser werden, nicht mit runterziehen.

Dann der mehr als klägliche Abgang von Frau DUMMKUH. Dass sie trotz Jurastudium nicht viel im Kopf und noch weniger im Herz hat, war mir klar. Aber noch kein Händedruck nach 6 Jahren Zusammenarbeit, Seelenmüllabladeplatz, Telefonterror nach Feierabend? Nun, jeder blamiert sich so gut wie er kann. Sie wird mir nicht fehlen und in meinem zukünftigen Leben wird für sie kein Platz sein.

Nun, ich hatte gehofft, dass sich etwas ergibt, nahtlos, bitte keine Arbeitslosigkeit. Und es hat geklappt: Gestern der Anruf von der kleineren Baufirma, sie haben sich für mich entschieden. Kaum zu glauben, aber es passt. Zunächst befristet, aber egal. Halbtags, auch das egal, nein eigentlich sogar ideal. Denn heute hat sich eine zusätzliche Möglichkeit aufgetan: Im Hospiz suchen sie dringend jemand für Verwaltungsarbeiten. Übergang zur Festanstellung, eine Möglichkeit Fuß zu fassen an einem Arbeitsplatz, der sich für mich nicht nur „richtig“ anfühlt, sondern hinter dem ich mit Leib und Seele dahinter stehen kann. Eine sinnvolle Aufgabe, ohne Frage. Nun, natürlich werde ich beide Chancen nutzen, die Möglichkeit besteht, es wird Stress, aber wollte ich das nicht?

Der Kopf war voll. Zwischendrin wie mechanisch Koffer gepackt. Meine Tochter hat heute ihren neuen Arbeitsvertrag begonnen, ein halbes Jahr Fuerteventura. Und mein Kopf war viel zu voll, um es zu realisieren.

Gestern haben wir sie nach Stuttgart gebracht. Wieder, ein seltsamer Tag. Freud und Leid, ist es jemals zu trennen? Der Mann in unserem neuen Leben ist gefahren. Zuverlässig, rücksichtsvoll, anders als alleine, keine Frage. Aber er hat ein großes Herz und viel Gespür. Es hat sich angefühlt wie ein „Familienausflug“. Als es mir bewusst wurde, hat sich unsere geliebte Frage wieder wichtig gemacht „darf ich das?“ Die Antwort, ein bisschen kleinlaut und auch hier wieder ein Zeichen? Klar, eigentlich nicht so selten, aber eine Harley, die unseren Weg kreuzt mitten in den Gedanken an das Gestern, kann man auch als Zeichen deuten.

Dann kamen wir bei Bruni an. Und da war es wieder, dieses seltsame: Hier gehör ich hin Gefühl. Ein sich zu Hause fühlen. Es war ganz schön dreist von uns, dieser Überfall. Zu 5. einfach am Sonntag reinschneien in ein mehr als gemütliches Zuhause, in ein Daheim, in dem man Liebe spürt, in dem die Vergangenheit lebendig ist und der Zukunft Raum gegeben wird. Ja, ich hab mich sehr wohl gefühlt. Und ich weiß nicht, ob man so was wieder gutmachen kann. Habe mein Kind bei ihr gelassen. Sie kannten sich nicht, aber ich glaube, ich hoffe, auch hier haben die Seelen zusammengepasst. Saski wird sie zugequasselt haben und Bruni hat wohl hin und wieder : mmmhh gemacht. Sacken lassen. So hast du ausgesehen Brunilein: Das muss ich erst einmal sacken lassen. Ein Blick, der nicht recht einsortieren kann, was ist das jetzt? Glück oder Trauer? Wohl beides Bruni, wohl für immer. Mein Glück wird immer Hand in Hand gehen mit der Trauer.

Mein Kind ist gut angekommen auf der Insel. 4 Stunden Flug und nun ist sie in der Sonne. Eine kurze sms, die Erleichterung, dass es ihr gut geht. Aber bewusst ist es mir tatsächlich immer noch nicht. Ein halbes Jahr? Eine lange Zeit. Ich hoffe so sehr, dass es eine glückliche, tolle, sonnige Zeit wird. Klar, mit Sternen und Mond am Himmel.

Ja der Kopf war sehr voll die letzten Wochen. Habe mich bestimmt sehr in den Vordergrund gedrängt mit meinem Gefühlswirrwarr. Wurde sein Trauertier deshalb im Zaum gehalten? Hat es nicht genug Beachtung bekommen? Oder sind wir bereits dabei, gemeinsam den Schmerz „besser“ zu ertragen? Mein Mann im neuen Leben durchläuft die Zeit zum zweiten Mal und bei mir stand der Arbeitsplatz, das Kofferpacken, der Alltagsstress im Vordergrund. Gut oder schlecht? „Es fühlt sich wie Familie an“ und vielleicht für ihn auch Saskias sms aus Fuerteventura vor ein paar Stunden, in der sie ihm schreibt, dass sie in Gedanken bei ihm und Robert ist. Klar, Robert ist ein Teil unseres Lebens geworden. Auch wenn das Chaos in so einer großen Familie recht groß ist. Wir tragen ihn im Herzen, möchten von ihm hören, möchten ihn lebendig halten, haben ein Papa – Robert – Frosch- Schildkröten- Beet. Morgen nun schließt sich auch für Steffen der Kreis ein zweites Mal. Hektische Zeit, aber Raum für die Trauer um sein Kind, ich hoffe, er weiß, dass dafür immer Platz sein wird.

@Bruni. Danke für alles, ich werde es niemals vergessen. Auch nicht, dass auch gestern Raum für Trauer war.

Danke fürs Zuhören kommt gut durch den Tag und lasst euch nicht ärgern.


LG
Andrea
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Που να 'σαι τώρα που κρυώνω και φοβάμαι
και δεν επέστρεψες

Geändert von AndreaS (02.04.2007 um 19:01 Uhr)
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