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Alt 15.05.2007, 12:54
ani ani ist offline
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Standard AW: Pflege zuhause und Sterbebegleitung

Hallo Soya

Habe still mitgelesen, was sich bei euch abspielt. Ich habe letzten Herbst meine Tochter 2 Monate zu Hause gepflegt, bevor sie von ihrem Knochenkrebs gerade mal 18 Jahre alt erlöst wurde.
Wir hatten ebenfalls eine Luftkammernmatraze, welche sich sehr bewährt hat. Sie fühlte sich wie auf einer Wolke, wie sie uns sagte. Wir haben die ganze Zeit ruhige Musik für sie spielen lassen, was sie sehr mochte.
Die letzten Tage hatten wir auch Sauerstoff, damit sie nicht so schwer atmen musste, und nicht in Panik geriet, was mir sehr wichtig war. Sie sollte zu allem nicht noch Angst haben müssen, sie kriege keine Luft mehr, obwohl wir wussten, dass die Lunge voller Metas war.
Sie konnte zwar noch trinken, aber gegessen hat sie in den letzten Wochen nur noch sehr wenig. Auch ich habe sie dazu nicht gedrängt, da das ja ihr Leid nur verlängert hätte.

Schliesslich konnte sie ganz ruhig einschlafen. Sie war allerdings seit ein paar Stunden bewusstlos, und so konnte ich kurz vor ihrem Abschied nicht mehr mit ihr sprechen. Aber das war nicht so wichtig. Es war schon alles gesagt. Vermutlich war ihr Körper so schwach, dass sie es einfach nicht mehr schaffte, ein weiteres Mal einzuatmen.. Kurz zuvor hatte ich trotzdem zu ihr gesagt, es sei ok, loszulassen. Wenn sie gehen könne, dann solle sie das tun. 10 Minuten später ist sie gegangen.

Der Uebergang kann also auch ganz unspektakulär vollzogen werden. Das Leid nicht zu verlängern finde ich ok, aber unser Arzt sagte uns, Durst erleiden zu müssen, weil die Flüssigkeitsaufnahme nicht mehr funktionniere, sei sehr unangenehm, so bekam sie doch ein paar Tage zuvor noch eine Infusion über ihren Port. Und die Atmung zu unterstützen mit Sauerstoff, um möglichst eine Panikattacke zu vermeiden, finde ich ebenfalls wichtig. Lieber habe ich in Kauf genommen, dass dies die Zeit verlängert, aber dafür wenigstens diese Angst weg bleibt, falls möglich.

Ich hoffe, ich konnte dir und deiner Mutti so ein wenig helfen und wünsche dir viel Kraft und Durchhaltevermögen. Ich finde es immer wieder schön, wenn Menschen zu Hause sein können, wenn es ihnen so schlecht geht. Leider ist es vielen Angehörigen nicht möglich, ihre Lieben so lange zu Hause zu haben, aus welchen Gründen auch immer. Sie wird es dir danken, und deine Familie auch, denn sie erleben, dass du im Ernstfall auch wirklich für sie da bist.
Sprich mit deiner Mutter, auch wenn sie dir im Moment nicht antworten kann. Berühre sie, damit sie dich spürt, wir wissen nicht, wie weit das Unterbewusstsein doch noch alle Vorgänge registriert. Und für die Liebe sind körperliche Vorgänge sowieso kein Hindernis.

Liebe Umarmung
Ani
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