Thema: Alleine!
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Alt 18.06.2007, 13:58
mammarilla mammarilla ist offline
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Standard AW: Alleine!

Hallo Mareike,

Du siehst ja schon, Du bist NICHT ganz ALLEINE. Du hast auch schon die Initiative ergriffen, Gleichgesinnte gesucht und damit begonnen, Dir selbst zu helfen und gut zu tun, Glückwunsch dazu!

Den vielen Vorschreiberinnen möchte ich mich in jeder Hinsicht anschließen. Die Verarbeitung dieser Diagnose braucht viel Zeit, die Familie ist meist genauso geschockt wie wir und ich bin mir sicher, wenn uns einer komisch oder für unsere Begriffe unpassend anspricht, dann ist er selbst unsicher bis unbeholfen, also derjenige hat sein Problemchen.
Wir mußten und müssen lernen, „auf Durchzug“ zu stellen bei den vielen Kommentaren und Ratschlägen und ähnlichen Krankengeschichten im Bekanntenkreis, über die meist doch nur unklares Wissen herrscht.
Wenn wir es allen recht machen wollten, würden wir wahnsinnig werden, unser Körper total verwirrt und wohl nicht schneller gesund.
Jeder meint es betimmt gut, aber wir müssen in erste Linie unseren Ärzten vertrauen und unserem Bauchgefühl. Also gleich stoppen oder das Gehörte kurz überdenken und Unbrauchbares gleich wieder vergessen.

Ich selbt habe die Familie informiert und den Bekanntenkreis auch, weil ich dachte, die kommen eh drauf, wenn ich plötzlich für Wochen „verschollen“ (Krankenhaus, AHB etc) bin. Dachte auch, falls Chemo und keine Haare mehr oder wegen der Anti-Hormon-Therapie andere Stimmungslage als gewohnt, sollen sie alle vorher Bescheid wissen und sich nicht über mich wundern sondern bitteschön mich verstehen.

Ich kann mir Deine Stimmung gut vorstellen aus eigener Erfahrung: es begann mit einem kleinen Knoten rechts, der nur im Ultraschall zu sehen war. Im MRT waren mehrere unklare kleine Herde rechts aber auch links. Letztendlich innerhalb der nächsten vier Wochen 3 OPs, luletzt subkutane Mastektomie beidseits – Gott sei Dank, denn im entfernten Drüsengewebe fand der Pathologe noch mehr Vorstufen = LCIS. Ich sah das als Glück im Unglück! Glücklicherweise kam ich dann auch ohne Chemo davon und brauche nur die AHT.

Meine Gynäkologin hat damals gemeint, aus ihrer Erfahrung mit ihren BK-Patientinnen, ist es bei der Verarbeitung fast wie bei einem Todesfall – man braucht das besagte Trauerjahr, um alles zu verstehen, zu begreifen, zu lernen, mit sich und der Welt in der neuen Situation umzugehen. Man lernt auch, daß sich die Welt weiterdreht - MIT UNS!!!, und das oft gar nicht so schlecht … Die Gyn meinte auch, es wäre wichtig für die Verarbeitung, daß man alle Familienfeste und Jahresfeste mit der neuen Situation einmal durcherlebt hat. Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Ich hatte meine Diagnose ein paar Tage nach meinem 50. Geburtstag im Herbst. Dann kam die erste große Furcht vor Weihnachten (hatte allerdings im Jahr davor auch meinen Vater verloren, zu dem ich ein besonders intensives Verhältnis hatte – also doppelte Angst vor Weihnachten und doppelt angekratztes Nervenkostüm). Im Frühling 25. Hochzeitstag und ich mit neuem Silikonbusen – ist trotz mulmigem Gefühl ein wunderschöner Tag geworden.

Mein lieber Mann hat mit sehr viel Geduld und Einfühlungsvermögen – was mich manchmal auch wieder vor Rührung in Tränen ausbrechen ließ – die letzten 1 ½ Jahre mit mir durchgeboxt – wir hatten auch wahnsinnig viel schöne, ausgesprochen lustige und besonders intentive, kleine und große Erlebnisse miteinander. Wir sind noch fester zusammengeschweißt. Insgesamt bin ich seither sensibler geworden, in jeder Hinsicht, also schneller gekränkt oder belastet, aber dafür auch mit offeneren Augen und Fühlern für die schönen Dinge – und das ist ganz wertvoll.

Ich wünsche Dir alles alles Gute, drück Dich fest, und hab’ viel Zuversicht in das Können der Mediziner und in die „echten“ Freunde, die sich jetzt zeigen, mammarilla
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