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Alt 16.07.2007, 00:28
Mona66 Mona66 ist offline
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Standard AW: Kranke und Angehörige

Liebe Britta,

ehrlich, das würde mich wundern, wenn sich vorher niemand Gedanken über seine Endlichkeit macht. Bin ich wirklich soo anders? Ich hab mir vorher ganz viele Gedanken über die Endlichkeit gemacht. Und ich hab vorher auch wirklich mehr und länger darüber nachgedacht, als jetzt nach der Diagnose.

Die Diagnose hat mich dann auch nicht umgehauen. In gewisser Weise hatte ich da wohl Glück, dass mir die Erkenntnis der Endlichkeit zumindest nicht neu war. Sie war nur irgendwie näher rangerückt.

Zitat:
Zitat von KretaKater Beitrag anzeigen

Die Frage ist für mich: warum will man nach dieser einschneidenden Erfahrung so leben wie vorher? Ist das der Wunsch, dass das alles nur ein Albtraum war, aus dem man erwacht, und dann findet man sich wieder in der Realität ein - es war ja nur ein schrecklicher Traum. Das kann ich mir einfach nicht vorstellen.

Das ist einfach. Weil ich mein Leben vorher gut fand und weil ich ich es mag. Und weil die Krebsdiagnose für mich nicht die einschneidendste Erfahrung im Leben war... Hört sich vielleicht komisch für dich an?
Warum sollte ich also nicht in das Leben, das ich mir gewählt habe, so weit wie möglich zurückkehren? Das heisst doch nicht, dass ich die Krankheitserfahrung ignoriere oder verdränge. Aber was vorher gut war, ist es immer noch. Warum sollte sich das geändert haben?? Und wie sollte man denn dann leben?

Mein Leben ist anders als du eures beschrieben hast. Bei mir wissen ganz viele von der Krankheit. Ich hab nach der OP weitergearbeitet. Klar war ich 6 Wochen krankgeschrieben durch die OP. Bin also gar nicht so sehr aus dem Leben vorher ausgestiegen. Während der Chemo hab ich weniger gearbeitet als vorher und bin kaum gereist. Sehr viele Kollegen wissen es. Alle Freunde wissen es. Es war auch in gewisser Hinsicht eine gute Erfahrung, wie viele reagiert haben. Ich hab den Eindruck, ich hab alle meine Leute richtig eingeschätzt, da gibt es niemanden, von dem ich mich trennen wollte.

Gut... ich wohne in der Stadt, mit Nachbarn hab ich nicht so viel zu tun.

Ich würde auch den Begriff "Sieg" gegen Krebs für mich allein nicht verwenden. Wenn ich geheilt sein sollte, dann läge das sicher nicht nur an mir, sondern an den Ärzten, die mich operiert haben. Vielleicht liegt es an einer Forschung, die mit einer Chemotherapie doch was hilfreiches gefunden hat. Es ist nicht so, dass ich nicht kämpfe. Ich kämpfe um mein Leben, das habe ich in gewisser Hinsicht schon öfter gemacht .

Was die Angst angeht, von anderen Menschen als "mit Mängeln behaftet" angesehen zu werden: Angst ist etwas, dass einen schützen sollte. Und ich denke, solange es in der Gesellschaft Menschen gibt, die panisch auf Krebs reagieren... solange Krebs nicht nur eine Krankheit ist, die mehr oder weniger schnell zum Tod führen KANN; sondern eine Metapher für den Tod... solange werde ich darüber nachdenken müssen, ob mich jemand als "mangelhaft" empfindet oder nicht. Es bin ja nicht ich, die sich als "mangelhaft" empfindet.

Liebe Grüße
Mona