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Alt 24.08.2007, 14:48
lunablue lunablue ist offline
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Standard AW: kleinzelliges Bronchialkarzinom mit Metastasen

Hallo,

ich möchte auch einmal etwas zum Thema "weiter Rauchen" nach der Diagnose Lungenkrebs schreiben. Ich denke, dass hier sicher jeder mit seiner Darstellung auf seine Weise recht hat.
Es ist auch nachgewiesen, dass verschiedene Zytostatika nicht ihre vollständige Wirkung entfalten, wenn während der Therapie geraucht wird, daran besteht gar kein Zweifel.
Gänzlich die Wirkung der Chemotherapie verhindert Nikotin allerdings nicht. Dies muss man auch einmal deutlich schreiben, da hier schon öfter von einer gänzlichen Nutzlosigkeit der Chemotherapie geschrieben wurde, wenn weiter geraucht wird.

Für diejenigen Patienten, bei denen eine realistische Heilungschance besteht, braucht man sicher nicht diskutieren, für die ist die einzig richtige Möglichkeit das Rauchen sofort einzustellen und sich dabei ggf. helfen zu lassen - Möglichkeiten dazu gibt es ja genug.

Ich halte es aber nicht für sinnvoll, wenn man hier argumentiert, dass bei Diagnose Lungenkrebs, sofort das Rauchen einzustellen sei.
Wenn bei jemandem fortgeschrittenes Stadium diagnostiziert wird, was leider die Mehrzahl der Patienten betrifft, so wird immer eine palliative Therapie eingeleitet, wenn der Patient dies wünscht.
Diese Therapie hat doch die Erhaltung der Lebensqualität und eine Lebensverlängerung zum Ziel.
Für einen Raucher, der 20 Jahre oder mehr geraucht hat, gehört eben die Zigarette zum Leben dazu und stellt somit ein Stück Lebensqualität dar.
Ihm dies zu versagen, auch in der Gewissheit, dass er trotzdem -so oder so - bald sterben wird, halte ich nun wieder für fahrlässig.

Ein Arzt, der seinem Patienten nicht vom Rauchen abrät, tut dies sicher nicht aus Unwissenheit oder gar Fahrlässigkeit, sondern aus der festen Überzeug heraus, den Patienten nicht noch weiter psychisch unter Druck zu setzen.
Weil er weiß, dass die positive Einstellung einen großen Einfluß auf den Verlauf der Krankheit haben wird.
Wenn jemand mit diesen düsteren Aussichten für die Zukunft konfrontiert wird und sich dann auch noch die Last auferlegt, mit dem Rauchen aufzuhören, so ist das sicher nichts, was seine positive Einstellung bestärkt.
Es führt eben nicht dazu, zu kämpfen sondern eher dazu vor dieser Krankheit zu resignieren.

Es ist im Einzelfall immer abzuwägen, was das sinnvolle für einen Patienten ist. Vor Empfehlungen von Pauschalverhaltensweisen kann ich nur warnen.

Meine Mutter erkrankte ziemlich genau vor 2 Jahren an einem Kleinzelligen Bronchialkarzinom, bei Diagnosestellung bereits im weit fortgeschrittenen Stadium (T4N3M1), mit multipler Metastasierung.
Sie hat nicht aufgehört mit rauchen und hat auch während der vielen Chemotherapien weiter geraucht.
Dies fand ich in Ordnung so, denn rauchen bedeutete für sie Lebensqualität.
Das sie trotz der düsteren Prognose 1,5 Jahre durchgehalten hat, davon 16 Monate sogar mit guter Lebensqualität, ist sicher auch ein Zeichen dafür, dass Zigarettenrauch, die Wirkung von Chemo- und Strahlentherapie nicht gänzlich negiert.
Jeder sollte in solch einem Zustand dies tun, was ihm am liebsten ist und sich sicher nicht irgendwelche Grausamkeiten auferlegen und versuchen noch mit dem rauchen aufzuhören, wenn eh eine Heilung sehr unwahrscheinlich ist.

Viele Grüße,
Stephan
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