Thema: Tumorimpfung
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Alt 06.09.2007, 09:34
Mona66 Mona66 ist offline
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Standard AW: Tumorimpfung

Hallo Miriam
ich habe mal eine Anfrage an den Krebsinformationsdienst geschrieben. Hier deren Antwort, vielleicht gibt es eine Einschätzung (der KID gibt nur allgemeine Antworten und keine individuellen):

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Sie haben eine Reihe von Fragen zur Immuntherapie, vor allem mit dendritischen Zellen:

- Wie hoch sind bei Tieren die Ansprechraten?
- Gibt es Kliniken/Ärzte, die solche Therapien bei Eierstockkrebs anwenden? Welche?
- Wie sind die bisherigen Erfahrungen?
- Werden solche Therapien kombiniert mit Chemotherapien oder anderen Therapien durchgeführt?


Die wachsende Kenntnis über die Rolle des Immunsystems bei Krebs hat zu neuen Ansätzen für die Behandlung geführt. Mit "Krebsimpfungen" lässt sich das körpereigene Abwehrsystem vielleicht in Zukunft gezielt gegen Tumorzellen ausrichten. Noch ist jedoch viel Forschung nötig, bis der Stellenwert solcher Therapieverfahren feststeht, und diese Forschung braucht Zeit. Trotzdem gibt es alternative Anbieter, die ihren Patienten bereits jetzt außerhalb von kontrollierten klinischen Studien entsprechende Immuntherapien offerieren. Fachleute sehen dieses Umgehen sorgfältiger Prüfungen jedoch eher kritisch und vermuten Nachteile, Kosten und möglicherweise Gefahren für Patienten.

Leider wird der Begriff "Impfung" im Zusammenhang mit Krebs für Ansätze der Forschung verwendet, die eigentlich nichts mit einander zu tun haben: Es gibt "echte" Schutzimpfungen, doch diese wirken nicht gegen Krebs direkt, sondern gegen Viren, die das Risiko für bestimmte Tumorarten erhöhen. Häufig sind mit "Impfen gegen Krebs" jedoch nicht solche Schutzimpfungen, sondern Immuntherapien gemeint, und dann meist die zellulären Immuntherapien.

Der Begriff "zelluläre Immuntherapie" fasst alle Formen von Immuntherapien zusammen, bei denen zur Krebsbehandlung Immunzellen gegen Tumorzellen aktiviert werden. Im engeren Sinne verstehen Fachleute darunter die Aktivierung von zytotoxische T-Zellen, auch "Killerzellen" genannt. Sie können Tumorzellen, die ausreichend veränderte Merkmale tragen, von gesunden Körperzellen unterscheiden. Diese tumorspezifischen Antigene als Merkmale sind die Voraussetzung für viele Formen der spezifischen Immuntherapie. Es gibt jedoch auch Ansätze, die auf andere Zellarten setzen oder zelluläre Verfahren mit Antikörpern kombinieren.

Eine Form der zellulären Immuntherapie ist die Verabreichung von so genannten dendritischen Zellen. Dendritische Zellen nehmen eine Schlüsselfunktion bei der Aktivierung der Immunantwort ein. Sie präsentieren auffällige Merkmale, die Tumorzellen von anderen Geweben unterscheiden, dem Immunsystem so, dass eine ausgeprägte Reaktion erfolgen kann und diese auch zahlenmäßig über einzelne Zellen hinausgeht. Die Theorie hinter der Verwendung von dendritischen Zellen zur Immuntherapie geht von einer gezielten Verstärkung dieser Reaktion aus. Die meist vom Patienten selbst stammenden, in einer Zellkultur herangezogenen dendritischen Zellen werden mit Tumorzellen oder Teilen davon zusammengebracht und dann dem Patienten zurückgegeben. Im Körper sollen die so beladenen dendritischen Zellen dann Tumorzellbruchstücke "herumzeigen" und so eine Immunreaktion gegen den Tumor auslösen.

Zelluläre Immuntherapien gehören jedoch noch nicht zu den Standardverfahren in der Krebsbehandlung. Noch sind viele Fragen offen, zum Beispiel kennt man noch längst nicht bei allen Tumorarten die winzigen Unterschiede, die die Krebszellen von gesunden unterscheiden. Auch zum Wie und Wann muss noch viel Forschung betrieben werden. Wie oft Patienten wohin geimpft werden müssen, um eine optimale Reaktion zu erreichen, ist zum Beispiel bei den Ansätzen mit dendritischen Zellen derzeit in der Prüfung. So kann es durchaus einen Unterschied machen, ob unter die Haut, in lymphknotennahe Regionen oder anders geimpft wird.
Einzelne Ergebnisse aus vorklinischen Studien zur Anwendung einer zellulären Immuntherapie mit dendritischen Zellen bei Eierstockkrebs, zum Beispiel mit Tieren, liegen uns nicht vor. Solche Ergebnisse liefern jedoch ohnehin nur mit Einschränkungen Aussagen über eine mögliche Therapie beim Menschen und sind nicht ausreichend für eine behördliche Zulassung entsprechender Verfahren. Entscheidend für eine Anwendung sind daher die Ergebnisse von sorgfältig geplanten kontrollierten klinischen Studien am Menschen.

Ob Patienten, bei denen andere Verfahren ausgeschöpft sind, an einer Studie zur spezifischen Beeinflussung ihres Immunsystems teilnehmen können, lässt sich über die behandelnden Ärzte zum Beispiel mit dem nächstgelegenen Tumorzentrum oder über das Studienregister der Deutschen Krebsgesellschaft abklären. Da für klinische Studien strenge Ein- und Ausschlusskriterien definiert werden, die in einem Protokoll festgelegt sind (nicht jede Patientin ist für jede Studie zu ihrer Krebsart geeignet), sollte eine Suche gegebenenfalls gemeinsam mit einem Arzt erfolgen, der Sie persönlich kennt und alle Ihre Befunde vorliegen hat. Von der genauen Fragestellung einer klinischen Studie hängt es auch ab, ob und wenn ja mit welchen weiteren Behandlungsansätzen ein solcher Therapieansatz kombiniert wird.

Als besonders zugänglich für eine Immuntherapie gelten der schwarze Hautkrebs (malignes Melanom) und das Nierenzellkarzinom. Viele grundlegende Erkenntnisse zum Zusammenhang Krebs und Immunsystem konnten Forscher aus Studien mit Zellen dieser Tumoren gewinnen, und viele Immuntherapie-Studien werden zuerst Patienten mit Melanomen oder Nierenzellkarzinomen angeboten. Jedoch lassen sich Erkenntnisse aus der Behandlung von Nierenzellkarzinomen oder Melanomen nicht unbedingt auf andere Krebsarten übertragen.
Welche Fortschritte Betroffene langfristig erwarten dürfen und bei welchen Tumorarten der Nutzen besonders groß sein wird, ist unter Fachleuten noch in der Diskussion.

Die großen Erwartungen in "Krebsimpfungen" haben leider auch dazu geführt, dass Betroffenen nicht selten Therapieangebote außerhalb von kontrollierten klinischen Studien gemacht werden. Eine solche Behandlung wäre rechtlich jedoch nicht als experimentelles Verfahren, sondern eher als "alternative" oder "unkonventionelle" Methode anzusehen. Ihre Wirksamkeit ist also nicht bewiesen, die Anbieter haben wissenschaftlich nachvollziehbare Ergebnisse nicht vorgelegt. Dementsprechend übernehmen auch die wenigsten Krankenversicherungen die Kosten für eine solche ungeprüfte Behandlung außerhalb von Studien.

Auch wenn Sie unsere Internetseiten www.krebsinformationsdienst.de bereits kennen sollten, möchten wir Sie dennoch gezielt auf Texte hinweisen, die Ihnen hilfreich sein könnten:

Weitere Informationen zum Thema Immuntherapien finden Sie unter Zum Thema Zelluläre Immuntherapie: http://www.krebsinformation.de/Frage...ntherapie.html.

Zum Thema Vakzine- oder Impfbehandlung außerhalb klinischer Studien: http://www.krebsinformation.de/Frage...ehandlung.html

Lieben Gruss
Mona
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