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Alt 31.10.2007, 20:22
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Marienkäfer1346 Marienkäfer1346 ist offline
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Standard AW: Chemo wirkt nicht


So, nun wissen wir, wie es weitergeht, nachdem die Chemo offensichtlich nicht wirkt.
Heute mittag waren wir in "unserem" Brustzentrum. Mussten nicht lange warten. Das war gut. Weniger gut war der Stress, den die Oberärztin offensichtlich hatte. Laufend wurde sie angefunkt, die Tür öffnete und schloss sich, sie telefonierte und wirkte sehr gehetzt, obwohl sie sich Mühe gab, in Ruhe auf uns einzugehen.
Sie sagte, dass das Tumorboard sich auf Operation geeinigt hätte. Sobald Siegrid sich ein wenig erholt habe von der Chemo, die Leukozyten angestiegen seien, ihre Gerinnungswerte nach erneutem Absetzen von Marcumar stimmten, soll die OP stattfinden. Voraussichtlicher Termin dafür ist der 16. November.
Es ist natürlich Ablatio. Als die Ärztin das aussprach, seufzte Siegrid ganz lang und tief. Sie saß da auf ihrem Hocker, so zusammengesunken, mit einem spärlichen Haarrest auf dem Kopf und so blass ... das ist mir so ans Herz gegangen. Ich spürte die Endgültigkeit und Trauer dieses Momentes ganz stark.
Wie wird es anschließend weitergehen? Das werden sie entscheiden, wenn sie das "Profil" des Tumors haben. Natürlich soll auch dieser Wächterlymphknoten entfernt werden.
Erneut Chemo? Bestrahlung? Das werden wir alles nach der Operation erfahren. Als wir wieder draußen waren, merkte ich, dass sich mein Geist in meinen hinteren Gefühlswinkel verkrochen hatte, offensichtlich, denn ich wusste gar nicht mehr genau, was gesagt wurde, und ich habe auch maximal die Hälfte von dem gefragt, was ich fragen wollte.
Selbst die extrem wichtige Frage nach dem Chemosens-Test habe ich vergessen. Von selbst haben sie es nicht angesprochen.
Mir wurde auch klar, dass wir bis zum Ende meines oder Eules Leben mit diesem K-Wort zu tun haben werden. Der Krebs wird uns begleiten, immer wieder auftauchen, in verschiedenen "Verkleidungen", wir werden Hoffnungen haben, die wieder zunichte gemacht werden, wir werden - so Gott will - uns freuen können an irgendwelchen Erfolgen ... Aber er wird immer dabei sein.

Ich liebe meine Schwester sehr. Habe von Kindheit an als die Ältere für sie gesorgt. Meine Mutter war selbst schwer krank. Ich weiß nicht, wie ich dieses Mitleid aushalten soll. Im Moment weiß ich es nicht. Morgen wird es wieder anders sein. Heute bin ich irgendwie am Boden. Für mich ist sie mein Kind, das ich nicht hatte. Sie ist total auf mich angewiesen, sie vertraut mir. Sie hat während dieses Gespräches meine Hand gehalten, sich fest an mich geklammert, immer wieder mit ihren Augen nach meinem Blick gesucht ... Ich hasse diesen verdammten Krebs!! Ich will meine Schwester behalten. Ich will, dass es ihr gut geht, dass sie keine Angst hat und nicht leidet, und ich weiß, ich kann sie bei allem nur begleiten, ihr nichts abnehmen.

Tränen.

Ich mache jetzt erstmal Schluss. Morgen ist es wieder anders.

Reinhild
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Tag des Heils - heute!
Zeit der Gnade - jetzt!
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