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Alt 05.12.2007, 23:51
dolorousness dolorousness ist offline
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Standard AW: Hilfe bitte! Meine Mama hat Krebs :(

Ich habe einen Traum...

Meine Mama sagt immer, sie hätte keine Schmerzen. Wir haben ihr nun Schmerztropfen geholt. Als ich ihren Arm heute hielt, tat ihr das doch weh. Natürlich hatte ich nur locker meine Hand drauf liegen lassen, das war ihr aber schon zu schwer.
Ich muss morgen nochmal gucken, wie die Schmerztropfen heißen.

Meine Mum weint gar nicht. Sie versucht so tapfer zu sein. Und ich versuche, nicht vor ihr zu weinen.
Mama sieht alles ganz klar. Erinnert sich an jedes Detail. Aus ihrem / unserem Leben. Ich habe angst, dass sie die vielleicht eintretenden Schmerzen und alles auch so klar mitkriegt.

Gestern war meine Mum so schwach, hat sich sogar von mir beim Aufstehen helfen lassen. Ganz schwach. Heute ging es etwas besser, da ließ sie es sich nicht nehmen, die Wäsche aufzuhängen und erledigte kleine Dinge im Haushalt auch wieder selbst. Und sie hat relativ wenig gehustet.

Ich habe mir die Woche Überstunden-frei genommen. Aber irgendwann gehen mir die Stunden und der Urlaub aus. Der Doc meinte, meine Mum erlebe Weihnachten nicht mehr. Ich habe so eine angst, dass das stimmt und würde am liebsten jede Minute mit ihr verbringen.
Dann sitze ich stundenlang bei ihr und frage mich, wielange ich das noch machen kann. Das macht mich so traurig und wütend.
Und dann will ich nicht, dass sie alleine ist, wenn sie stirbt. und ich habe angst, dass das passiert, wenn ich nicht da bin. Und ich habe angst, dass das passiert, wenn ich da bin.

Der Hausarzt sagt, man könnte sie zwangsernähren lassen, weil sie doch so wenig isst und es um ihr Leben ginge. Die Wasseransammlungen würden so auf´s Zwerchfell drücken, dass sie kaum Luft bekommt. Irgendwann wäre der Kohlendioxidgehalt zu hoch und der Sauerstoffgehalt zu gering, dass sie in Ohnmacht fallen würde. Bevor... Wir würden sie nie gegen ihren Willen Zwangseinweisen / -ernähren lassen. Das kann man doch nicht machen.

Hilflosigkeit. Machtlosigkeit. Wut. Verzweiflung. Traurigkeit. Ratlosigkeit.
Ich könnte heulen. Oder mich betrinken.

Morgen fahre ich wieder zu ihr hin. Dann schweigt sie mich wieder an, weil sie nicht mehr weiß, was sie erzählen soll und sich für nichts mehr richtig interessiert. Und, weil ihr das Reden so schwer fällt. Ich leiste ihr Gesellschaft. Ich halte ihre Hand. Ich versuche, ihr aufmunternd zuzulächeln. Sie mit Gesprächen abzulenken.

Sie hat so gelbe Augen. Sie hat so eine gelbe Haut. Sie läuft ganz langsam und leicht gebückt. Sie spricht leise. Wer weiß, was sie denkt. Wer weiß, wieviele Schmerzen sie in wirklichkeit hat. Wer weiß, wielange sie noch bei mir ist. Wer weiß, ob ich ihr alles gesagt habe oder irgendwann einmal denke, dass ich vergessen habe, ihr etwas ganz wichtiges zu sagen, als ich noch die Gelegenheit dazu hatte. Wer weiß, wie es ihr jetzt geht, während ich hier vor dem PC sitze.
Wer weiß, wie schwer es ist, damit zu leben, dass man damit nicht überleben kann.

Meine Schwester möchte morgen schwarze Kleidung kaufen gehen, weil sie nichts in der Art hat und auf dem Dorf eine gewisse `Pflicht´ besteht. Und sie möchte, dass ich sie dabei unterstütze.

Das darf alles nicht wahr sein. Das ist ein böser Traum.
Wach auf, Dolo wach auf!
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