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Alt 03.03.2008, 12:51
Shivanarama Shivanarama ist offline
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Standard AW: Nun hat`s meinen lieben Papa auch erwischt.............Guten Tag erstmal.

Hei Jani und ihr anderen Lieben.............................tja,- "betroffen" ist noch milde ausgedrückt....................es macht einen grundfertig,- bei jedem Telefonklingeln mit einem Anruf aus der Klinik rechnen zu müssen,- in dem man uns mitteilt,- daß mein Vater nun auf dem Weg zu den Engeln ist.

Sein Zustand ist nachwievor total "bedenklich",- er hat vorgestern wieder sehr hohes Fieber entwickelt,- was natürlich durch die Intensivmediziner wieder künstlich runtergedrückt wurde,- aber die Verzweiflung wächst von Tag zu Tag.

Ehrlich gesagt bin ich inzwischen fast soweit,- meinem Vater in's Ohr zu flüstern : "Papa,- quäl Dich nicht weiter,- schon gar nicht für uns,- laß' los von Deinem Leben in Deinem so geschunden Körper, nichts ist und wird mehr sein wie es immer war, - Du wirst ein Pflegefall bleiben und Dein Leben wird Dir nicht mehr gefallen,- da der Septische Schock und das künstliche Koma unwiderrufbare psychische und körperliche Schäden hinterlassen werden.....laß' los und sag Deinem Herzen,- was das einzigste ist,- was nicht an Maschinen angeschlossen funktioniert........daß es stille stehen soll......."

Meine Schwester sieht das ähnlich,- selbst meine Mutter,- die meinen Vater - wie wir natürlich auch - über alles liebt .........hatte diese Gedanken schon.

Die Ärztin sagte mir heute morgen am Telefon......wir rufen jeden Morgen auf der Intensiven an um zu fragen, -wie er die Nacht überstanden hat......, - daß jetzt wirklich nicht noch mehr dazu kommen darf,- daß wäre sein Tod....und wenn z.B. die Nierenwäsche wieder nötig werden würde,- sollte man vielleicht doch überlegen..........wie weit man noch gehen solle..........

Habe das so verstanden,- daß man uns befragen würde bevor man ihn auch da wieder anschließen muß, -ob wir das wollen.

Wir haben keine Patientenverfügung in der Tasche,- mein Vater hat sich dagegen gewehrt,- wollte nicht wahrhaben daß es wirklich zum Äußersten kommen könnte,- aber meine Mutter mußte eine "Betreuungspflegschaft" beim Vormundschaftsgericht übernehmen,- wegen dem Entscheiden was den Luftröhrenschnitt und auch die dritte Op und den Stenteinbau vor einer Woche betraf "abzusegnen" ,- da der Vater das nun nicht mehr selbst tun kann..................morgen haben wir einen Termin zum "Aufklärungsgespräch" bei der Vormundschaftsgerichtshilfe im Rathaus............mal sehen,- was diese Pflegschaft noch alles so beinhaltet???

Ich hab mal eine Frage,- wer hatte alles bei der Speiseröhrenresektion einen "Zweihöhleneingriff",- also Eröffnung des Bauch und des Brustraumes,- seitlich durch die Rippen unter der Achselhöhle,- um dort Speiseröhrenrest mit Magenschlauch zu verknüpfen???

Denn dort lag,- bzw. liegt ja die Schwachstellen des Ganzen Übels.

Bei der zweiten Not-OP,- die ja in der ersten Nacht nach erfolgreicher erster OP stattfand,- hatte man ihm ja nur die Bauchhöhle ein zweites Mal eröffnet,- nicht aber den Brustraum.

Diesen Eingriff nahmen die Ärzte dort erst nach über 10 Tagen vor,- was also bedeutete,- daß die Bakterien und Pilze aus Mund-Rachen-Speiseröhren- und Mageninnerem ungehindert über 10 Tage lang in den Brustraum zwischen die Lungen austreten konnten und somit die Sepsis total verschlimmert haben,- den eh schon so schlechten Zustand meines Vaters also völlig in die Länge zogen.

Ich weiß,- das Wissen darüber verbessert die Situation meines Vater's in keiner Weise,- aber ich verstehe nicht,- warum die Ärzte dort oben an der "üblichen Schwachstelle für Nahtundichtigkeiten" eben erst so nachgeprüft haben.

Bei einer Sepsis,- bzw. schwerer Sepsis mit anschließendem Septischem Schock (also mehrfachem Organversagen) geht es wirklich darum,- so schnell wie möglich einzuschreiten, die Bakterienflut und deren Ursache zu stoppen und sogleich mit einem gezielten Antibiotikaprogramm zu beginnen.

Ach mennoh,- heute vor 5 Wochen ist mein Vater froh und mutig in die Klinik gegangen um sich 4 Tage später operieren zu lassen,- schön daß wir ihn kurzfristig nocheinmal munter und glücklich über die "erfolgreiche OP" sehen durften,- bevor sich am selben Abend die Sepsis in Gang setzte,- so durfte er wenigstens nach dem großen Eingriff noch einmal auf Gesundung hoffen und sich dem Gefühl hingeben,- alles würde schon irgentwie gut werden.

Es ist so traurig,- es tut so weh .............man klammert sich an mm-dünne Strohhalme und gleichzeitig wünschte man sich für ihn,- er würde endlich Frieden finden.........................denn wie meine Mum heute früh am Telefon traurig murmelte..................: "Eigentlich ist der Papa schon begraben,- in seinem eigenen Körper,- der ihm nicht mehr gehorcht und der ohne die Lebenserhaltung von "Außen" schon längst unter der Erde wäre.

Würde man seine Geräte abstellen,- schlüge das Herz auch nur noch ganz kurz.

Aber ob das o.K. ist für seine Seele,- so tief im Unterbewußten,- also aus dem Koma heraus "einzuschlafen"???
Kann er Frieden finden,- ohne uns noch einmal gesehen zu haben,- wie schön wäre es gewesen,- man hätte "Adieu und Danke,- lieber Papa " sagen können .

Ihr seht,- oft schreibe ich,- als wäre er schon weg,- manchmal habe ich auch das Gefühl,- als ob er nicht mehr in dem was mal sein "Haus" war ,- leben würde,- als wäre er gegangen und schaute von oben aus diesem ganzen unwürdigen Spektakel hier unten zu.................den Kopf hin-und herwiegend und seufzend.................Nun seht dochmal nach oben,- hier bin ich und nicht mehr da unten in meiner Körperruine.

Sorry,- aber ich kann schon nicht mehr weinen,- man hat nichtmal mehr Tränen übrig,- alle verbraucht......................es ist als wäre auch von uns ein Stück gestorben..................obwohl er doch noch lebt.


Supertraurige Grüße an Alle

von Marion.
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