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Alt 11.03.2008, 21:56
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Tanni2006 Tanni2006 ist offline
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Standard AW: Du wirst für immer in unseren Herzen sein

Hallo Sandra,

ja die Welt dreht sich einfach weiter, obwohl meine doch stehengeblieben ist.
Keiner lässt mich trauern, denn keiner kann es verstehen. Ich habe keine Zeit für mich, keinen der es auch nur ansatzweise verstehen könnte.

Ich muss immer mehr an den 26.09. denken, denn ich habe ganz stark verdrängt.

Ich lasse immer wieder Revue passieren, was an diesem Tag geschah...

Ich sitze in der Firma lese im KK Forum, (un)bewusst im Hinterbliebenenforum...
Dann geht plötzlich mein Handy und mein Bruder ist dran, ich habe gezittert und mich kaum getraut dran zu gehen. Dann fragt er mich wo ich bin und was ich mache. Ich habe Ihn angeschnauzt, dass er mich in der Firma nur anrufen soll, wenn es wichtig ist. Und was sagt er? Tanja, kannst du jetzt nach Marl kommen? Da wusste ich was los ist, habe aufgelegt und bin erstmal zusammengebrochen und sofort losgefahren.
Ich weiß nicht wie ich diese Autofahrt hinter mich gebracht habe und bin ins Krankenhaus. Dann stand mein Vater schon auf dem Flur und die Ärztin kam.
Und dann bekomme ich an einem Dienstag zu hören, dass meine geliebte Mama das Wochenende nicht überleben wird. Nächster Zusammenbruch.. Dann hieß es: Tanja reiß dich zusammen, wisch dir die Tränen weg und geh zu Mama ins Krankenzimmer. Das habe ich getan, aber als wenn eine Mutter sowas nicht merken würde. Dann ging ich rein, den Anblick könnt Ihr euch vorstellen. Mama war total panisch, bekam keine Luft und sah mich dann.. Und Ihre Frage war auch noch: Wird alles wieder gut? Ich: Ja, Mama alles wird gut natürlich.
Sie: Warum bist du mittags schon hier? Ich: Weil ich dich sehen wollte.
Aber Ihre Stimme war schon nicht mehr Ihre Stimme. Ich wurde auch panisch und rief den Arzt, da Sie kaum noch atmen konnte und weil ich raus musste, raus und weg von diesem Anblick verdammt. Dann kam die Frage auf, ob Sie in ein Einzelzimmer verlegt werden soll.. Das Todeszimmer. Ich bin zurück nach Moers gefahren und meine Sachen zu packen und um die Nacht bei Ihr zu bleiben. Kam zurück und mein Bruder war die ganze Zeit bei Ihr, mein Vater war zu Hause, er konnte nicht mehr. Dann waren wir bei Ihr im Zimmer, Sie wurde immer wieder wach und unruhig, was dann dazu führte, dass Sie keine Luft bekam. Keiner, der sowas je gesehen hat, kann sich vorstellen, was es heisst KEINE Luft zu kriegen. Das letzte Mal wo Sie wach wurde, wollte Sie trinken und ein Stück Banane, was mein Bruder Ihr gab. Und Ihre letzten Worte zu uns waren: Was wollt Ihr hier? Ruht euch zu Hause aus. Ich wollte bei Ihr schlafen, ich wollte bei Ihr sein bis zum Schluss. Doch dann fing das Röcheln an und ab da war es bei mir vorbei, ich wusste die Ärzte konnten nicht recht haben, Sie hat keine 4-5 Tage mehr, sondern nur noch diese Nacht. Also bin ich mitten in der Nacht wieder los und habe meinen Vater abgeholt mit den Worten: Du siehst Sie ein letztes Mal, willst du? Ja, er wollte. Also zurück ins Krankenhaus. Das Röcheln hörten wir schon aus weiter Ferne, es war schrecklich und ich werde es NIE vergessen. Ich bin immer wieder zur Schwester hin und habe gebettelt: gebt Ihr was, ich will nicht dass Sie erstickt, bitte. Ihre Antwort war immer: Wir können nichts mehr machen.
Man, das waren so harte Stunden, das wird mir jetzt so schmerzlich bewusst. Mein Vater und ich sind immer raus, wir konnten es nicht. Mein Bruder blieb immer bei Ihr, denn während Ihrer Krankheit war er nicht da und er musste sein Gewissen beruhigen. Dass er nicht da war während Sie krank war ist okay , denn er war sich überhaupt nicht darüber im klaren was Lungenkrebs bedeutet und wollte es einfach nicht wahrhaben und hat dadurch vieles verharmlost. Wichtig ist, dass in jeder Phase einer aus der Familie da war, egal wer...
Dann fing plötzlich die Atmung immer wieder an auszusetzen und dann bin ich zu Ihr hin und habe gesagt: Geh, wenn du gehen möchtest auch wenn ich mir wünsche, dass jetzt ein Wunder passiert und du gesund wirst. Ich liebe dich.
Ich konnte Sie nicht sterben sehen und das röcheln hat mich völlig fertig gemacht. Wenn das nicht gewesen wäre, wäre es sicherlich besser zu ertragen gewesen. Mein Vater und ich sind um halb 2 gefahren und wollten morgens um 8 wiederkommen, doch ich wusste ich habe dieses KH zum letzten mal betreten, denn ich habe nie einen Menschen wie meine Mutter geliebt und ich wusste genau, Sie muss jetzt gehen.
Da ich an diesem Tag bestimmt 250km hin und her gefahren bin, war ich total fertig und bin am Steuer 3 mal eingeschlafen, mein Vater hat mich jedes mal geweckt, einmal hatte ich sogar 200KmH drauf und NICHTS ist passiert, da wusste ich da steckt bestimmt meine Mama hinter und beschützt mich.
Dann waren wir bei meinem Vater, ich bin sofort eingeschlafen ( was ich überhaupt nicht verstehen kann ) und um halb 6 morgens ging das Telefon, ich musste nicht drangehen um zu wissen was los ist. Mein Bruder hat uns dann mitgeteilt, dass Sie ruhig eingeschlafen ist. Man, dieses Gefühl das zu hören, ich kann es nicht beschreiben und glauben kann ich es bis heute nicht. Diese Frau, die ALLES für mich getan hat, gibt es nicht mehr????
Bis heute werfe ich mir vor, dass ich nicht bis zum Schluss geblieben bin, ich wäre gern da gewesen. Aber auch im Beerdigungsinstitut konnte ich mir meine Mama nicht als toten Menschen ansehen, auch wenn es meine letzte Chance war, ich konnte nicht. Ich weiss, Sie nimmt mir das nicht übel. Aber trotzdem, ich bereue es. Und werde die Worte der Ärztin nie vergessen, nachdem ich fragte ob ich bis zum Schluss bleiben soll: Manchmal ist es schlimmer etwas NICHT getan zu haben.
Das Schlimmste war aber unser Brauch dem Verstorbenen komplett neue Kleidung zu kaufen ( ist bei uns so ) meiner nicht mehr lebenden Mutter neue schöne Klamotten zu kaufen... Und Sie danach nicht angesehen zu haben.. Puh, jetzt ist mal raus was an diesem verdammten 26.09. wegen diesem scheiß Lungenkrebs passiert ist. Ich habe mit mittlerweile 24 (!!!!!) keine Mama mehr, ich fasse es nicht. Keine Hochzeit, kein Kind von mir, all das wird Sie NIE erleben. Man kann es jetzt sagen: Sie wird es sehen, von wo anders. Aber wer weiß das schon?
Und kann mir mal jemand verraten, warum diese Welt die Frechheit besitzt sich einfach weiter zu drehen??? Es kann nur sein, dass WIR in der Hölle leben.
Man Sie fehlt mir so... Und ich liebe Sie so schrecklich.

Jetzt kann ich endlich wieder weinen, das tut gut. Aber wieder wird jemand kommen und sagen: Hör auf. Oder wird versuchen mich abzulenken...

Dabei will ich doch weinen...
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Geliebte Mama, du wirst immer in unseren Herzen sein und niemals werden wir dich vergessen!

Milica *07.08.1953 - † 26.09.2007

Leider hat "ER" wieder gewonnen und ein Opfer gefordert, dennoch kein Grund Ihm nicht den Kampf anzusagen!
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