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Alt 17.03.2008, 11:16
Shivanarama Shivanarama ist offline
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Standard AW: Nun hat`s meinen lieben Papa auch erwischt.............Guten Tag erstmal.

Hallo Sunshine und all Ihr anderen.................Danke ersteinmal für Deine liebevolle Antwort,- kann so gut verstehen,- welche Gedanken Dir so im Kopf rumkreisen..............vor zwei Wochen hab ich meinem Vater noch leise in die Ohren geflüstert(er war da noch im künstlichen Koma)-:"Papa,- hör' mal,- wenn Du meinst Du mußt für uns kämpfen, um uns nicht zu enttäuschen,- oder weil Du Dir Sorgen machst,- daß wir ohne Dich nicht mehr froh sein können,- dann hast Du zwar Recht mit Deiner Annahme,- alles wird anders sein,- wärest Du nicht mehr mit uns..............aber die Liebe zu Dir ist so groß,- daß wir alle auch bereit wären Dich gehen zu lassen- wenn das Dein Wille und Wunsch ist....................entscheide aus Deinem Herzen heraus und prüfe,- ob Du Dein wahrscheinlich sehr eingeschränktes Leben noch mögen wirst und bereit bist es mit allen Schwierigkeiten anzunehmen,- dann freuen wir uns,- ist dem aber nicht so und magst Du nicht mehr kämpfen,- dann laß' Dein Leben los,- uns kannst Du gar nicht verlieren,- denn in unseren Herzen wirst Du immer weiterleben..................horch in Dich hinein Papa und tu' was Du am liebsten magst.........."

Tja,- und er wollte kämpfen auch aus seinem Unterbewußtsein heraus.

Im Moment geht es ihm wirklich "besser"........er atmete gestern als wir ihn besuchten ohne Atemgerät (Luftröhrenkatheder ist natürlich noch drinnen für alle Notfälle) schon seit über 36 Stunden selbstständig..............und wir hoffen,- daß es so weitergeht,- denn nach einigen Tagen beständiger Selbstatmung kann man ihn hoffentlich endlich "exturbieren"............und er findet sein Sprachvermögen dann wieder...............wie schrecklich es für meinen so gerne quasselnden Paps sein muß,- wach und klar zu sein,- aber plötzlich keinen Ton mehr sagen zu können,- es muß ihn wirklich fertigmachen,- aber er beschwert sich nicht, -ist supergeduldig und bemüht alles was man von ihm möchte richtig zu machen.

Wie ich ihn darum bewundere.

Sorgen machen uns seine angegriffenen Muskeln,- er hat so gut wie keine mehr, kann wohl die Zehen etwas bewegen,- auch die rechte Hand,- zwar sehr wackelig und mühsam,- aber die linke Hand ist völlig schlapp,- wenn man ihn (das machen sie seit drei Tagen immer einige Stunden lang),- mal mit dem Lifter aus dem Bett hieft und ihn in einen Sessel setzt sieht das so traurig aus,- er kann nichtmals seinen Kopf selbstständig halten,- dann läuft ihm viel Speichel auf sein Nachthemd und er hat nicht die Kraft sich den Mund selber sauberzuwischen,- auch fällt der Oberkörper wie ein nasser Sack in sich zusammen,- denn alle Muskeln haben Schaden erlitten durch die bakterielle Vergiftung.

Es erscheint mir wirklich oft so ungerecht,- hat er doch die schwere Krebs-OP so mutig überstanden und war so zuversichtlich,- trotz der angekündigten Probleme im Nachhinein,- nun das künstliche Koma,- die folgenschwere Sepsis dazu,- er muß auf drei Baustellen kämpfen..................Das Essen neu erlernen,- die damit verbunden Probleme,- die er ja erst empfindet,- sobald er wieder essen darf................bisher bekam er einen Joghurt und Kartoffelbrei,- seit vorgestern,- vorher hat er 7 Wochen nur über den Zentralen Venenkatheder das Nötigste zur Lebenserhaltung bekommen...............ja und die zweite Baustelle ist das Posttraumatische Syndrom an dem fast allen nach Septischem Schock und wochenlanger Intensivbetreuung leiden,- also Panikschübe ,- Schlaflosigkeit,- Unruhe,- Konzentrationsmangel,- Soziale Isolierung unter Umständen etc. pp.....................und die dritte Baustelle ist die Sepsis und deren Folgen,- bin ja seit Wochen auch in einem Sepsis-Forum angemeldet und tausche mich dort über die damit verbundenen Probleme aus und was man so hört stimmt einen nicht wirklich optimistisch.

Schlimm ist natürlich auch,- daß man eigentlich in einigen Wochen die erste Krebsnachsorge anstreben müßte und natürlich die geplante Nachsorge Chemotherapie nicht machen kann,- das würde ihn glatt umbringen....

Also,- um was kümmern wir uns zuerst===?

Bin mir so sicher daß mein Vater nichts lieber täte,- als endlich nach Hause zu können,- daß aber muß man ihm fast verbieten,- er braucht eine Anschlußrehakur,- die es nicht gibt.
Bin mit der Deutschen Sepsis-Gesellschaft am kontakten,- es gibt keine geeignete optimale Nachsorge für Sepsisgeschädigte,- wovon wir jährlich um die Hundertausend Menschen haben,- die diese optimale Betreuung dringend bräuchten um wieder halbwegs auf die Füße zu kommen.

Jetzt fange ich also vorbeugend schon mal an,- mir Info's über Rehakuren zu besorgen,- wo es hauptsächlich gar nicht um die Krebsnachsorge geht,- sondern um seine angeschlagenen Lungen,- Nieren,- Kreislauf,- Muskelschwäche und psychisches Dilemma,- was er uns ja bislang noch nicht sprachlich mitteilen können,- was sich aber erahnen läßt,- so ein Koma steckt man nicht so einfach weg.

Tja,- die Zeit drängt,- muß mich heute um die ganze Post meines Vaters kümmern,- dazu ne Ecke weit fahren,- die Eltern wohnen nicht hier in meinem Dreh,- dann Mutter in s Auto packen und gegen 16.00 den Vater besuchen.

Wie ich das eigentlich alles so durchhalte,- frag ich mich allerdings auch manchmal.

Komisch,- wenn es um Liebe geht,- ist jeder Mensch zu außerordentlichem fähig.

Stolz auf mich bin...........und schäm........und weg....


A tschö,- drück Euch alle ganz herzlich und eine schöne Woche für Euch und Eure kranken Hühner daheim.

Ganz lieb die Marion.
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