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Alt 30.04.2008, 08:59
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anthierry anthierry ist offline
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Standard AW: Nebenwirkung der Antihormontherapien

Liebe Olga,

so sehr ich Dich verstehen kann - aber jetzt ist es doch erst einmal wichtig, dass Du den Krebs besiegst! Un da kann man (frau) froh sein, dass Medikamente wie Tamoxifen existieren. Bekommen doch dadurch Frauen eine Chance wieder gesund zu werden. Da Du AHT bekommst, gehe ich mal davon aus, dass Dein Krebs hormonabhängig ist. Das ist zum eigentlichen Unglück an Krebs zu erkranken noch ein relativer Vorteil, da gut behandelbar.
Ich bin 2004 an BK erkrankt, hatte Ablatio links und zahlreiche Knochenmetastasen. Eine Metastase hatte mir bereits den ganzen Oberschenkelhals zerfressen, so dass ich ein künstliches Hüftgelenk bekam - auch wieder Glück, da es vor ein paar Jahren solche "Ersatzteile" noch gar nicht gab und ich so wahrscheinlich im Rollstuhl gelandet wäre.
Aber jetzt zu Deinem eigentlichen Problem. Ich habe von 2004 bis 2006 Tamoxifen genommen, bin mit wenigen Nebenwirkungen gut damit zurecht gekommen.Leider habe ich ca 6 kg zugenommen und der vermehrte Haarwuchs im Gesicht störte mich, aber ich bin nicht schneller gealtert als jede andere Frau - das ist doch Quatsch! Klar wird man künstlich in die Wechseljahre "katapultiert" aber viele Frauen werden im reiferen Alter ja auch attraktiver - sieh das mal so! Schlimmer fand ich die Hitzewallungen und die Stimmungsschwankungen. Ich war immer sehr zart, musste aber nach meinem 4. Kind auch auf mein Gewicht achten. Zuvor konnte ich essen was ich wollte usw. Ich bin auch sehr eitel und achte - nicht zuletzt berufsbedingt - sehr auf mein Äußeres. Ich war bis zu meiner Krebserkrankung Stewardess und danach im Bodendienst. Den Druck der Gesellschaft, immer perfekt zu sein, finde ich fürchterlich. Vieles wird nur noch nach dem Äußeren entschieden. Die Tageszeitung und sämtliche Magazine sind voller "schöner und perfekter Menschen". Mir hat das eine lange Zeit sehr zu schaffen gemacht, denn ich fand mich ja nun entstellt, fett (obwohl ich noch Normalgewicht hatte) und hässlich, hatte mir einen ziemlichen Sarkasmus angeeignet, um meine Traurigkeit und Unsicherheit zu überspielen. Zudem war ich von meinem Mann gerade geschieden und wollte auch noch mal "durchstarten" mit der Hoffnung auf Mister Right. Da kam mir dieser blöde BK in die Quere... Mein Ex-Mann hatte dann auch so eine 100%ig Perfekte, was mich noch mehr runterzog und an mir zweifeln liess. Heute sage ich: so ein Quatsch! Ich habe eben andere Qualitäten!!!
Jetzt, nach einem Rezidiv im vergangenen Jahr, denke ich anders. Ich gehe mit meiner Krankheit offen um und stehe zu den Nebenwirkungen. Letztendlich kann ich es ja nicht ändern. Wenn Du Dich täglich auf die Waage stellst und frustriert bist, weil Du zugenommen hast, ist das nicht unbedingt hilfreich. Besser ist es, wenn Du ausgeglichen bist, das Glück noch am Leben zu sein zu zeigen, Dich am Leben erfreuen. Klar - das klingt jetzt doof. Aber ich glaube, dieses Problem haben hier die meisten Frauen, auch sicher jene, die in einer festen Partnerschaft leben. Auch diese werden sich Gedanken machen - bin ich noch attraktiv genug für meinen Partner, liebt er mich immer noch trotz der Makel, die ich jetzt habe?... das ist ganz natürlich und auch sehr weiblich denke ich. Du konntest Deine Brust behalten, also hast Du schon mal einen gewissen Vorteil (ich weiss nicht wie ich das jetzt ausdrücken soll). Es fällt jedenfalls nicht sofort auf, wenn Du einen Mann kennenlernst und Ihr Euch näher kommt. Bei mir sah das schon ganz anders aus. Männer zeigen (Mensch klingt jetzt eingebildet was?) doch offen ihr Interesse an mir. Sie sehen ja eine hübsche Frohnatur - können aber nicht durch meine Klamotten gucken. Glaube mir, ich habe so viele Enttäuschungen erlebt, dass ich mich schon damit angefreundet hatte allein zu bleiben. Aber einer blieb auch nach dem "Schock". Und wenn er mir begründet, warum er mich so sehr liebt, dann ist es nicht nur das Äussere, sondern auch meine Einstellung zum Leben. Ich brauche nicht mehr unbedingt Kleidergröße 34 (komme jetzt auch mit 38 zurecht), Nagelmodellage, perfektes Make-up...
Warum also solltest Du Deine Familienplanung auf Dein Gewicht beschränken? Vielleicht nimmst Du gar nicht zu! Warte es ab! Wichtig ist doch, dass das Medikament hilft, Dich vor einer Wiedererkrankung bewahrt. Das ist doch alles was zählt. Ich habe auch in anderen Threads schon geschrieben (kannst mal unter Antihormonbehandlung gucken), weil ich mit meinem jetzigen Medi Arimidex so krasse Nebenwirkungen habe (leider auch Depression). Aber bei allem Mist, den ich jetzt durchmache, kommt doch die Lebensfreude wieder durch.
Wenn Dich ein Mann wirklich liebt, dann mit allem Drum und Dran! Mit oder ohne Krankheit! Nur dann bewährt sich eine echte Partnerschaft. Schließlich ist unsere Krankheit auch für unsere Nächsten eine ziemliche Herausforderung, mit der der eine gut und der andere weniger gut oder gar nicht klarkommt.
Mach Dir darüber jetzt erstmal kine Gedanken, sondern fang an mit der AHT! Und lass hören, wie es Dir damit ergeht.
Warum hast Du die Chemo abgelehnt? Ich habe bei meiner Ersterkrankung keine bekommen, da die Ärzte der Meinung waren AHT reicht vorerst auch. War das bei Dir auch so?
Mein Gott ist das lang geworden, aber kürzer kann man manches eben nicht schreiben - sorry vielmals!
Ich wünsche Dir eine erfolgreiche AHT und alles Gute (auch für die Familienplanung natürlich)!

Herzlichst Anja

Geändert von anthierry (30.04.2008 um 09:05 Uhr)
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