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Alt 03.06.2008, 21:02
Fahrradklingel Fahrradklingel ist offline
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Standard AW: Nach OP rechtseitige Lähmung und Sprachstörung

Liebe Claudia,

willkommen hier im Forum! Es ist sicherlich ein unfassbarer Schock für Dich und Deine Mutter, mit der Diagnose Glioblastom konfrontiert zu sein. Ich hoffe und wünsche euch, dass ihr hier im Forum Unterstützung, Zuversicht und Antworten auf eure Fragen findet könnt.

Ich bin hier seit Ende 2006, mein Vater hat seit 11/2006 ein Glioblastom auf der rechten Gehirnseite, das sich als erstes durch Wortfindungsstörungen und eingeschränkte Motorik bemerkbar machte. Diese Wortfindungsstörungen sind in der vergangenen Zeit mal stärker (bis hin zum Sprachverlust) mal schwächer (fast gar nicht vorhanden) gewesen. Zur Zeit haben sie sich auf einem niedrigen Niveau eingependelt. Von daher kann ich vielleicht ein paar Tipps für euch geben...

Zuerst habe ich aber selbst ein paar Fragen:
Wie äußert sich denn die Sprachstörung Deiner Mutter? Sind es eher Wortfindungsstörungen (d.h. sie wählt die falschen Silben, oder findet manche Begriffe nicht), spricht sie mit fehlendem Sinnzusammenhang, oder kann sie fast gar nicht sprechen?

Wie ist denn die Operation verlaufen? Es gibt z.B. die Möglichkeit, den Tumor mit einem Kontrastmittel anzufärben, sodass der Chirurg besser sehen kann, was er wegschneidet und was nicht, und so möglichst viel Hirnfunktionen erhalten kann.
Meistens sitzen beide Sprachzentren (Wernicke- und Broca-Zentrum) auf der linken Seite, jedenfalls bei Rechtshändern. Bei Linkshändern sind sie auf der rechten Seite des Gehirns. Es gibt aber auch Ausnahmen, wie bei meinem Vater ,der sein Sprachzentrum rechts hat, und leider genau im Sprachzentrum ein mal größeres, mal kleineres Glioblastom. Ist das bei euch vorher untersucht worden?

Es besteht schon die Möglichkeit, durch Logopädie wieder Sprechfähigkeiten zurückzugewinnen. Im Grunde müssen neue neuronale Verknüpfungen geschaffen werden, damit die Vorstellung von den einzelnen Worten und von Sprache wieder existiert und darauf zugegriffen werden kann. Das braucht Zeit und ist sicherlich extrem schwer einzuschätzen. Ob die Chemo und die BEstrahlung hier direkt etwas ausrichten, um die Fähigkeiten wieder zurpckzugewinnen kann ich schwer einschätzen. Aber eigentlich dienen sie ja dazu, Tumorwachstum einzudämmen bzw. Tumorgewebe, das bei der OP evtl. nicht vollständig entfernt wurde, zu zerstören. Aber entferntes Gehirngewebe können sie ja nicht ersetzen. Im Gehirn können jedoch andere Gehirnregionen in begrenztem Maß Fähigkeiten übernehmen.

Dummerweise sind in vielen Fällen (so bei meinem Vater) auch Schreiben, Zeichnen, Rechnen und Lesen gestört; gesprochene Sprache verstehen oder Symbole und Bilder erkennen funktioniert dagegen oft. Das kommt auf die genaue Lage des entnommenen Gewebes an.

Kann Deine Mutter parallel zur Chemo und Bestrahlung an einer Reha teilnehmen?
Eine Möglichkeit, die ich für meinen Vater mal in Erwägung gezogen habe, als er wegen eines massiven Hirnödem fast gar nicht sprechen konnte, waren Symbolkarten. Diese werden in der Behindertenpädagogik verwendet für Menschen, die sich nicht per Sprache artikulieren können, aber Zeichen und Symbole nutzen können. Das kann eine große Hilfe sein, denn die Formen der Zeichensprache, die man sich als Laie so ausdenkt, z.B. auf etwas deuten, Kopfschütteln, nicken... sind meistens recht ungenau und eignen sich nur für wenige Handlungen. Ein Symbolkarten-System, das mir eine Heilpädagogin empfohlen hat, nennt sich PECS, hier ist ein Link dazu
http://www.akzschweiz.ch/leistungen-pecs-de.html
Ich denke ein Logopäde könnte euch mehr dazu, oder zu vergleichbaren Symbolkarten erzählen.
Wir haben es nicht ausprobiert, weil mein Vater dank Cortison wieder schnell auf die Beine kam und es nicht brauchte.

Ich wünsche euch alles Gute und viel viel Kraft!

Franziska
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