Thema: Gedicht
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Alt 05.10.2003, 21:28
Gast
 
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Standard Gedicht

Was wirklich zählt
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So mancher betrachtet die Menschen mit kritischen Augen
wer keinen rechten Haarschnitt hat, kann im Leben nichts taugen,
das Make-Up, das soll sein gepflegt
Wert sei auch auf elegante Kleidung gelegt,
wer so gestylt ist, darf sich recken
wird sehr schnell Interesse wecken.
Schule bestanden mit Bravour
ja, solch ein Mensch, der hat Kultur!

Wer ausserhalb dieser Werte sich aufhält
wird zur untergeordneten Schicht gezählt
der Kontakt zu dieser wird gemieden
ohne frage, man ist zu verschieden.
Solche Ansicht bereitet mir Verdruss
sie enthält Vorurteile im Überfluss
und so geht der Rest von meiner Dichtung
in die umgekehrte Richtung.

Es gibt Menschen, die unter uns leben,
welche anderen Werten entgegenstreben,
die sich nicht schminken und stilecht (ver)kleiden,
die nicht allwöchentlich die Haare schneiden.
Manchen fehlt dazu die Zeit
andere setzen auf Natürlichkeit
viele strahlen eine Schönheit aus
die da kommt von innen raus.

Ich denke an die Verkäuferin, die täglich an der Kasse sitzt
ich denke an den Bauarbeiter, der die Haare nass sich schwitzt,
ich denk' an all jene, die zum Wohle von anderen schuften
sie mögen nicht allzeit nach Parfüm duften.
Sie tun ihren Dienst, sie pflegen die Kranken
sie setzen die Weichen und senken die Schranken,
sie bestellen die Felder und halten sich Vieh
was wär unsere Welt denn ohne sie?

Ich denke an jene, die eine Krankheit oder eine Behinderung haben,
die kahlköpfig sind oder voller Narben,
die dennoch versuchen, das Beste draus zu machen,
die es schaffen, sich zu freuen und DOCH zu lachen.
Überhaupt an alle, die innere Schönheit ausstrahlen,
die es nicht nötig haben, überall zu prahlen,
die nicht nur mit Edelrosen zieren ihr Haus,
sondern sich auch freun an einem Wiesenblumen-Strauss.

An alle, die sich bewahrten die Einfachheit,
die entsagen der blossen Eitelkeit,
die entwickeln eigene Kreativität
und lachen ob der Naivität
derer, die nur Gescheites und Feingemachtes als würdig achten
und alles andere als Subkultur betrachten.

Ladina, Februar 1995

gewidmet an alle, die den inneren Werten eines Menschen mehr Bedeutung zumessen als dem Schein des Äusserlichen und an meine behinderten, kleinen und grossen Freunde, die mit ihren strahlenden Augen soviel mehr und Wesentliches auszudrücken vermögen als die grössten Philosophen es je fertigbringen.