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Alt 14.10.2003, 22:57
Gast
 
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Standard Morbus Hodgkin hatte ich auch mal .....

Liebe Leute,

ich hatte 1999 die Diagnose Morbus Hodgkin 3A erhalten und nur die Info der Ärzte, daß man das sehr gut heilen kann mit Chemotherpie und Bestrahlung. Meine Reaktion war nur: "Dann machen Sie das mal weg!" Und ich denke heute, das war die beste Reaktion, die ich haben konnte. Ich habe 8xBEACOPP und anschließende Bestrahlung erhalten und habe das Jahr Krank echt genossen. Es war für mich eine Art Sabbat-Jahr. Die Tage 1-4 der Zyklen habe ich mir was zu lesen mit in die Klinik genommen, den Tag 8 habe ich ambulant durchgesetzt. So war das echt eine Erholung. Keiner, aber auch wirklich kein einziger meiner Bekannten und Freunde hat sich abgewandt - warum auch? Ich bin offen mit meiner Erkrankung umgegangen. Schließlich müssen wir alle früher oder später mal dran glauben. Auch meine Leukos waren im Keller, na und? Der Mensch kann auch sehr gut mit weniger Leukos auskommen, selbst heute nach 4 Jahren sind die noch nicht wieder auf Normalwerten, vielleicht werden sie es nie. Aber das stört mich nicht weiter - denn ich lebe auch so recht gut.
Liebe Leute, Betroffene und Nichtbetroffene. Die angeblich so harte Chemo BEACOPP ist mit modernen Medikamenten echt ein Klacks und der Haarausfall macht dich vom Aussehen vielleicht sogar interessant? Mir sind jedenfalls mit der Glatze bedeutend mehr Frauen hinterhergelaufen als mit meinen von Natur aus nur "paar" Haaren auf dem Kopf... und das obwohl ich schwul bin. Aber auch meinem jetzigen Lebenspartner hat die Glatze gefallen und wir haben uns nur dadurch Mitten in der Chemo kennengelernt. Mein Gott, was kann man alles positives aus so einer beschissenen Situation nehmen. Ich hatte endlich auch mal den Freibrief, der mir echt gut tat. Ich arbeite in einer biederen Bank und hatte plötzlich Ohrring und Glatze - niemand hatte mehr etwas dagegen zu sagen gewagt. Mensch Leute, nutzt diese außergewöhnliche Situation endlich mal das zu tun, was ihr schon immer wolltet. Und ihr werdet gesund dabei, das ist doch das Schönste was man haben kann. Heute nach 4 Jahren suchen die Ärzte immer noch alle paar Monate vergeblich in mir nach vergrößerten Lymphknoten – und ich, ich genieße das Leben. Habe es schon vorher genossen und tue es jetzt noch extremer. Tut es auch so.
Und...laßt Euch nichts von anderen einreden. Jeder, der zu mir sagte: "du wirst gesund, du schaffst das, ich weiß das", dem habe ich entgegnet, woher er das wisse. Dieser blöde Spruch ist echt das letzte, was einem da gesagt werden kann. Es ist mehr eine falsche Verlegenheit. Man kann viel Glück oder Erfolg wünschen aber nie so ein positive Endergebnis vorwegnehmen. Was ist, wenn man es dann doch nicht schafft? Hat der andere, der sagte: "das schaffst du" denn gelogen? Dies wäre die konsequente Schlußfolgerung. Denn niemand weiß zuvor ob man es schafft. Und wenn man es nicht schafft hilft es doch nur, sich mit den Tatsachen zu arrangieren und ein gutes Testament zu schreiben und sich bei den ehrlichen Menschen zu verabschieden.

So, und hier noch, damit ihr auch paar Bilder von mir habt, meine homepage: http://www.difranco.de.vu


Guten Abend
vermisst@gmx.de
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