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Alt 13.11.2008, 20:55
Polyglotte Polyglotte ist offline
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Standard AW: Brauche ein bisschen Hoffnung...und möchte Euch allen danken.

Liebe Christel,

Lieben Dank für Deinen Zuspruch. Meine Freundin sammelt Karten mit Bildern (Fotos, Gemälden, etc.) von „lesenden Frauen“, da sie auch selber so eine ist. Seit Monaten treibe ich diese auf, wo ich nur kann, habe auch meinen ganzen international verteilten Freundeskreis darauf angesetzt. Alles, was ich bekomme, leite ich an sie weiter. Als ich Ende Oktober für ein Wochenende in Belgien war, habe ich mit einer Freundin 45 Minuten lang einen Postkartenladen auseinandergenommen und dabei 17 „Lesende“ gefunden, zum Teil mit Poststempel von 1912! Die konnte ich ihr leider erst jetzt schicken und ob sie das gerade so wahrnehmen kann, wage ich zu bezweifeln. Aber bisher hat sie sich immer über alle aufgetriebenen Karten riesig gefreut. Die, die sie doppelt hat, hat sie dann auch oft selber auf Faltkarten geklebt und mir diese geschickt. Vielleicht auch daher jetzt mein Gefühl der absoluten Hilflosigkeit. Als ich ihr damit noch eine Freude machen konnte, hatte ich zumindest das Gefühl irgendwas tun zu können...nun fällt das erstmal weg. Ach, es macht mich ganz wahnsinnig, dass sie so weit weg ist und ich nicht mal so eben vorbeifahren kann, um nach ihr zu sehen. Hoffentlich klappt es mit Samstag.

Wie geht es Dir? Ich hoffe, auch heute ist noch was vom Hamburger Waldsterben zu sehen!


Liebe Bibi,

Im Allgemeinen stimme ich Dir absolut zu. Mir fällt es auch schwer, Dinge positiv darzustellen, wenn ich nicht das Gefühl habe das auch wirklich authentisch und aus voller Überzeugung machen zu können. Aber an dieses kleine Stück Hoffnung...daran klammern wir uns wahrscheinlich alle. Und das Beispiel Deiner Mama zeigt ja auch in der Tat, dass es noch ganz wunderbare, atemberaubende Aufs nach den Abs geben kann. Ich bin Dir immer noch so dankbar, dass Du uns daran hast teilhaben lassen...einfach unglaublich schön.

Was meine Freundin betrifft, so ist sie während der drei Wochen im Krankenhaus zunehmend „durcheinanderer“ geworden. Bei zwei Gesprächen, die ich in der Zeit mit ihr geführt habe, hat sie sich fürchterlich darüber aufgeregt, dass ein Pfleger ihr gesagt hatte, sie könne ja dann eventuell zu Hause auch wieder auf die Beruhigungsmittel (Tavor?) verzichten, denn sie habe ja das Sauerstoffgerät, um dieser Angst vor tatsächlicher Atemnot entgegenzuwirken. Auch ihr Mann hatte ihr vorgeschlagen, sie solle vielleicht nur eine Tablette statt zwei nehmen. (Wobei ich auch da nicht weiß, wie hoch die Dosierung ist) Das hat sie alles sehr geärgert, da sie eben meinte (und ja irgendwo auch zurecht), dass niemand außer ihr beurteilen könne, wie groß ihre Angst sei. Aber ich kann eben auch ihre Familie verstehen, denn wenn ihr momentaner Zustand wirklich auf Tavor zurückzuführen ist, sind die Nebenwirkungen schlimm. Sie ist wie ausgewechselt. All das, was sie vorher zum Kämpfen bewegt hat: ihr Humor, ihre Neugier, ihre Lebenslust....das alles scheint weg.

Vielleicht hast du aber auch recht und sie bekommt wirklich noch andere Medikamente. Ich habe den Eindruck, dass ihr Mann mir das erzählt hätte, da er mir eben auch von diesen Tabletten erzählt hat und es selbst so beschrieb, als seien sie an dieser großen Müdigkeit und Verwirrtheit schuld, aber es kann natürlich schon sein, dass da noch mehr mit im Spiel ist, von dem ich nichts weiß. Vielleicht kann ich ihn das am Samstag fragen, wenn es mit einem Treffen klappen sollte. Am Telefon traue ich mich meist nicht, reiße mich auch schon wirklich am Riemen nur alle paar Tage anzurufen (vom Gefühl her würde ich es täglich machen), denn er hat wirklich andere Sorgen als mich auf dem Laufenden zu halten. Da muss ich schon akzeptieren, dass ich nicht zur Familie gehöre, so lieb ich sie habe.

Dass mit dem Trinken finde ich interessant. Die Idee war mir noch gar nicht gekommen. Was den Sauerstoffgehalt im Blut anbetrifft...kann man da denn etwas machen, wenn die Sättigung nicht ausreichend ist, oder muss man das dann so hinnehmen wie es ist? Naive Fragen, ich weiß...tut mir leid. Du merkst, ich habe wirklich sehr wenig Ahnung von dem, was da aus medizinischer Sicht mit ihr gemacht wird. Ich habe den Eindruck, Du kennst Dich da ganz gut aus, werde mich aber bemühen, Dich dennoch nicht mit Fragen zu löchern! Aber ein ganz dickes Dankeschön für Deine Antwort, durch die mir doch einiges klarer geworden ist.

Und eine Frage hätte ich doch noch: Wie geht es Dir und Deiner Mama? Oder soll ich liebe in Deinem Thread nachlesen kommen?


Liebe Mapa,

Deine Antwort habe ich vorhin noch auf der Arbeit gelesen, musste mich dabei richtig zusammenreißen, nicht loszuweinen. Du hast das, was ich für sie empfinde und was wir in so relativ kurzer Zeit aufgebaut haben, so wunderschön beschrieben. Ich habe mich wirklich verstanden gefühlt und dafür danke ich Dir.

Dass es sich bei der Verwirrtheit auch um Metastasen handeln könnte...der Gedanke war mir auch gekommen. Zumal ich hier auch des Öfteren gelesen habe, dass Lungenkrebs gerne ins Gehirn streut. Ich weiß, dass bei ihr eine Metastase festgestellt worden ist, ca. 3 Wochen bevor ich im August mit ihr Kontakt aufgenommen habe. Wo, weiß ich nicht, ich habe sie damals nicht genauer gefragt, da wir uns gerade erst nach 8 Jahren wiedergesehen hatten und das Vertrauen, das wir nun haben, zu der Zeit so noch nicht bestand. Sie hat es auch danach nicht mehr angesprochen, wobei sie von dem Tumor in der Lunge recht oft berichtet hat. Allerdings hätte ich gedacht, dass bei Hirnmetastasen eine Bestrahlung vorgenommen worden wäre....oder liege ich da völlig falsch? Im August/September hat sie eine zweite Chemo bekommen, berichtete mir aber danach wie gesagt immer nur von den Veränderungen, die sich beim Lungentumor ergaben. Ich merke langsam, wie wenig ich weiß, wenn ich hier so schreibe. Vielleicht hätte ich nachfragen sollen...Aber ich hatte eigentlich immer das Gefühl, dass sie das Thema Krebs angesprochen hat, wenn sie darüber sprechen wollte und habe mich da intuitiv nach ihr gerichtet.

Ich danke Dir, liebe Mapa, für den Hoffnungsschimmer. Der wird mich morgen Abend auf meinem Weg nach Deutschland begleiten. Es hilft nicht, dass ich tierische Flugangst habe, aber das ist es mir alles wert. Hauptsache ich kann sie ein paar Sekunden in den Arm nehmen und sie irgendwie spüren lassen, wie sehr ich sie liebe.
Alles, alles Liebe für Dich und natürlich für Deinen Mann. Wie geht es Euch beiden?
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