[Summer 175]

Liebe Bambi,
ob Jesus deinen Freund heilen kann, das weiß nur Gott allein - das kann niemand von uns beurteilen, nicht einmal ein Pfarrer, da würde mir mein Chef sicher recht geben ...
Aber ich glaube ganz sicher, dass der Glaube (ob nun an Gott, Christus, Buddha, Allah oder wie auch immer) uns durch schwere Zeiten hindurchhelfen kann. Ich weiß nicht, ob du gläubig bist, aber vielleicht gibt es dir Kraft, zu beten, mit Gott zu reden oder ihn auch "anzuklagen", wenn dir danach ist ...

Ich bin kein besonders religiöser Mensch, obwohl ich als Sekretärin in einer Kirchengemeinde arbeite, aber meine feste Überzeugung ist, dass wir alle in einer sicheren Hand geborgen sind, und dass unser Schicksal zum großen Teil in dieser Hand liegt .... Deshalb ist vieles Ankämpfen in meinen Augen nur Kraftvergeudung, Annehmen und nach Möglichkeit das Beste aus der Situation machen, ist oft sicher der bessere Weg.

Das mag einer jungen Frau wie dir (meine Tochter ist genauso alt wie du) vielleicht (noch) nicht einleuchten, grad auch in deiner Situation nicht - die Frage, der Vorwurf, warum grad er, wird dich vermutlich verfolgen ... Aber ich habe schon Situationen erlebt (z. B. einen schweren Autounfall unseres Sohnes), in denen ich dankbar war, beten zu können ....

Als ich von der schweren Krankheit meiner Mutter erfahren habe, war ich anfangs auch völlig hilflos, verzweifelt, habe gemeint, ich müsste um alles in der Welt etwas tun, etwas ändern können .... Inzwischen habe ich eine gewisse innere Ruhe dadurch gefunden, dass ich bete "Herr, DEIN Wille geschehe ..." - ich habe akzeptiert, dass ich nicht alles und jedes ändern kann, weil es nicht dem entspricht, was ich mir vorstelle, mir erhoffe ... Ich habe akzeptiert, dass mein Einfluss nur ein geringer ist und konzentriere jetzt meine Kraft darauf, zu tun, was mir möglich und was machbar ist ... Alles andere liegt nicht in meiner Macht ...

Ich wünsche dir von Herzen, dass du eine Möglichkeit findest, zur Ruhe zu kommen ... Sprich mit deinem Freund, wenn du darfst, spiel ihm eure gemeinsamen Lieder vor ... Du kannst ihm auch einen Brief, vielleicht sogar einen Abschiedsbrief, schreiben, in dem du dir deinen ganzen Kummer von der Seele schreibst .... Gib ihm irgendetwas, das euch verbindet, in die Hand, wenn das vom KH aus möglich ist .... Damit gibst du ihm das Gefühl, dass du da bist ....

Behüt euch Gott, Bambie ...
Karin