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Alt 18.03.2009, 00:07
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Ylva Ylva ist offline
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Registriert seit: 21.10.2005
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Standard AW: Und irgendwann überrollt es dich

Hallo Aenkman,

ich kann jedes deiner Worte nachvollziehen.
Auch meine Mama wurde 2004 mit der Diagnose Krebs konfrontiert und überrollt. Heute, geht es ihr wieder gut. Mit Höhen und Tiefen. Aber es geht ihr gut, trotz der eher schlechten "Prognosen" der Ärzte. ABER die Uhr laesst sich nicht zurück drehen und die Zeit von damals bleibt, lebt in uns.

Das es Mama gut geht - darüber bin ich sehr, sehr glücklich ABER auch über mir schwebt die Angst, die Trauer über das alte Leben das wir damals verloren haben. Und gerade WENN ich hier lese, die Trauer der anderen lese, lese welch schlimme Zeiten sie durchgemacht haben, welchen Verlust sie erleiden mussten DANN komme ich mir unheimlich falsch und undankbar vor.

Ich BIN glücklich und dankbar das es meiner Mutter inzwischen wieder gut geht, auch habe ich dadurch gelernt intensiver zu leben. Intensiver zu fühlen und zu lachen. Mehr zu genießen, die kleinen Dinge zu sehen, die so wertvoll sind.

ABER der Krebs wird immer ein Teil unseres Lebens sein. Verdrängen funktioniert nicht auf Dauer, dagegen wehrt sich der Kopf und irgendwann auch der Körper. Arbeite es auf, sprich darüber, sprich über deine Ängste, deine Sorgen. Wir müssen diese Zeit hinter uns lassen aber vergessen können wir sie nicht. Wir dürfen nicht zulassen, dass sie uns regiert aber auch wir dürfen (und das ist mir durch all die lieben Menschen hier klar geworden) Angst haben, Traurig sein, Verzweifeln. Nur nicht unterkriegen lassen, wieder aufstehen wenn es uns zu Fall gebracht hat, das Licht wieder anknipsen wenn es dunkel wird.

Wir sind dankbar für alles, für die Zeit die wir hatten und haben, dankbar und froh darüber wie es JETZT ist und doch sind wir anders als VOR der Diagnose die unseren liebsten Menschen getroffen hat. Auch uns hat diese Zeit geprägt. Es gibt gute und schlechte Tage. Unser Schmerz ist nicht so tief und er ist anders aber er ist da.
Ich habe oft ein schlechtes Gewissen, traurig zu sein ABER das muss ich nicht haben. Ich darf mich nur nicht darin verlieren. Aber man kann es abgrenzen, eingrenzen und das tust du auch! Du bist dankbar und voller Freude und Hoffnung weil es deinem Vater jetzt gut geht, fühle dich bitte nicht schlecht, wenn es dir mal schlecht geht. Rede mit Menschen darüber die es verstehen können, weine dich aus und lasse dann deine Tränen trocknen. Du fragst ob dir diese Gefühle zustehen!
DAS fragen uns die Gefühle nicht, sie überkommen uns. Denn genau das hast du treffen formuliert - und irgendwann überrollt es einen.

Wenn es mal wieder nicht hell werden will, und du den Lichtschalter suchst - versuche dir vor Augen zu halten, dass wir kostbare Zeit haben, die sich andere wünschen. Das besiegt die Traurigkeit meistens. Ich habe weiss gott vieles ausprobiert um nicht im Jammertal zu enden - nicht immer gibt es sofort einen Weg herraus - aber es gibt ihn. Wir können ihn gehen!!

Du hast einen ersten Schritt gewagt - über deine Gefühle zu schreiben.

#Ich wuensche dir alles,alles erdenklich Liebe,
Ylva

Geändert von Ylva (18.03.2009 um 00:11 Uhr)
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