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Alt 10.12.2003, 17:05
Gast
 
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Standard ich habe schuld

Lieber Shalom,

ich habe mich sehr über Deine Zeilen gefreut. Wirklich, richtig gefreut hat es mich, wieder etwas von Dir zu lesen.
Deine Worte damals, die waren es, die mich zum Umdenken gebracht haben.
Es ist nicht so, das ich die Schuldgefühle los bin, nein, das nicht, aber ich kann jetzt damit umgehen.
In den langen Gesprächen zu meiner Frau habe ich Frieden gefunden. Das was passiert ist, das ist in der Rückschau so am Besten für sie.
Sie wäre immer ein schwerer Pflegefall und auf meine Hilfe angewiesen gewesen. Sie hätte auch sehr leiden müssen.
Und was wäre aus ihr geworden, wenn ich nicht mehr da bin? Ich fühle, das meine Zeit hier zu Ende geht. Meine Krankheit schreitet schnell voran, die Schmerzen werden intensiver, ich werde immer schwächer. Meine Frau hätte ich also nicht mehr lange selber pflegen können und wie die Pflege durch Fremde ist! Es wäre jedenfalls nicht das Gleiche wie durch mich gewesen.
Es wird also alles so gewollt sein und ich habe zum Klagen keinen Grund. Ich durfte fast 25 Jahre lang das pure Glück erleben und leben. Wieviele können das von sich behaupten!
Und Shalom, ich habe Mut zum Leben. Auch wenn das jetzt wie ein Widerspruch erscheint. Ich würde gerne leben. Doch ebenso wie alle Anderen muss ich akzeptieren, das ich das nicht selber entscheide.
Dietrich Bonhoeffer hat es uns in seinem Gedicht, von guten Mächten, hinterlassen.
Ich würde Dir gerne noch mehr von mir erzählen, doch das betrifft dann nicht mehr mich alleine. Deshalb höre ich jetzt auf und hoffe sehr, das ich hier wieder einmal etwas von Dir lese.

Viele Grüsse, auch an Deine Frau,
Rollo
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