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Alt 28.05.2009, 09:03
Lissi 2 Lissi 2 ist offline
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Standard AW: Meine Mama: nichts ist mehr wie es mal war. Und die Welt steht still.

Liebe Thessa,
auch ich möchte Dich mal wieder ganz fest in den Arm nehmen.
Auch wenn ich wenig schreibe, lese ich doch alles von Dir. Ich würde Dir gerne helfen, weiß aber doch das es sowenig gibt was Dir/ uns alle helfen kann. Uns alle hier verbindet die Trauer um einen geliebten Menschen. Trauer ist - trotz ähnlicher Prozessabläufe, ein durch und durch individuelles Erleben und Trauer - ist ein Gefühl des Lebens, auch wenn es sich verdammt nochmal oft nicht so anfühlt. Abschied und Trauer gehören zum Leben. Eltern bedeuten für uns Heimat, Kindheit, Geborgenheit. Sterben unsere Eltern, so fühlt man sich entwurzelt, unabhängig davon wie alt wir selber sind. Auch wenn man Jahre- oder jahrzehntelang sehr selbstständig und unabhängig von den Eltern lebt, der Verlust erschüttert und entwurzelt. Natürlich weiß man das Vater und Mutter irgendwann sterben müssen. Aber niemand kann sich mit dem Verstand auf diesen Verlust vorbereiten, es wird immer zu früh sein. Wissen schützt nicht vor der Wucht der Gefühle. Trauer ist ein oft über Jahre andauernder schmerzhafter Prozess. Wer am Beginn der Trauer steht, kann nix Neues, das sich aus der Trauer ergeben kann, sehen. Wie auch, jetzt stehen Verlassenheit, Ohnmacht, Hilflosigkeit, Verzweiflung und Aufbegehren im Vordergrund. Alles kreist um den Verlust und wir sind seelisch und körperlich völlig aus dem Gleichgewicht. Man ist hin und her gerissen zwischen Herz und Verstand, auf der einen Ebene kann man es nicht wahrhaben und sagt es kann, darf nicht sein und die andere Ebene sagt ständig unwiederbringlich, ein Gefühlschaos. Dieses Ringen zwischen Wunsch und Realität ist unendlich schwer, ist kräftezehrend und schmerzhaft. Die ganze Breite von unterschiedlichen emotionalen Bindungen, die der geliebte verstorbene Mensch für uns bereit hielt, ist plötzlich abgeschnitten. Das ist wie Amputation. Es stimmt: es wird nie mehr so wie es war, auch wenn die Wunde verheilt ist, wird eine Narbe bleiben, wird Wehmut unser Leben begleiten und die Narbe wird mal mehr und mal weniger schmerzen. Aber eines ist gewiss, es werden auch Dankbarkeit und schöne Erinnerungen uns begleiten. Das Leben wird weiter gehen, aber es geht anders weiter.
Liebste Thessa, eigentlich wollte ich ja nun nicht wieder einen halben Roman hier schreiben aber mit dem "Kurz" fassen ist das bei mir ja oft so eine Sache, an der ich mich noch üben muss. Wenn Du das hier nun gelesen hast wirst Du vielleicht bei einigen Sätzen genickt haben und bei anderen den Kopf geschüttelt haben, einiges wird Dir in Deinem Schmerz vertraut sein anderes nicht begreifbar. Was ich auch nur sagen wollte ist, es braucht Zeit, liebste Thessa, ganz viel Zeit, bitte setzt Dich nicht unter Druck, nimm Dir die Zeit. Ich weiß es tut unendlich weh, aber erst wenn man die durch Trauer ausgelösten Gefühle durchlebt hat, wenn wir akzeptieren können, wird die Wunde zur Narbe. Unsere Lieben haben einen festen Platz in unseren Herzen und irgendwann werden wir spüren das das Leben wieder einen Sinn hat. In dieser schweren Zeit sollten wir nicht zuviel von uns verlangen. "Nur für heute".... diese drei Wörter können hilfreich sein, wenn uns der endlos scheinende Kummer zu erdrücken droht. Und für heute schicke ich Dir einen kleinen er soll Dich an die Hand nehmen, Dich durch den Kummer begleiten.
LG Lissi
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Wege entstehen dadurch,dass man sie geht.
Franz Kafka

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