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Alt 13.05.2010, 01:07
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Rudolf Rudolf ist offline
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Standard AW: Nierenkrebs im Endstadium

Hallo Kirsten,
"Nierenkrebs im Endstadium" ist eine völlig nichtssagende Formulierung.
Es gibt keine "Stadien", die ein Patient mit Nierenkrebs zu durchlaufen hätte. Jeder Patient hat einen anderen, seinen eigenen Weg, auch das Ende ist bei jedem anders.

3 Beispiele:
Patient 1 hat viele Lungenmetastasen, vielleicht auch betroffene Lymphknoten. Nicht operierbar. Das Lungenvolumen nimmt ab, weil die Metastasen weiterwachsen. Das Atmen wird immer schwerer, der Patient bekommt Sauerstoff zusätzlich, er bekommt Medikamente, im Prinzip wird er ersticken, aber das merkt er nicht mehr, weil er auch sonst geschwächt ist und bereits schläft.

Patient 2 hat nur eine große Metastase im Bauchraum neben der Aorta. Eine Operation ist nicht möglich, weil man mit dem Tumor ein Stück Aorta (Hauptschlagader) entfernen müßte. Das aber würde den sofortigen Tod bedeuten. So kann man nur warten, bis der Tumor soweit die Aortawand anfrißt, bis diese platzt und so den sofortigen Tod herbeiführt. Dabei geht es dem Patienten eigentlich sehr gut und niemand würde von einem "Endstadium" sprechen.

Patient 3 hat einige Lebermetastasen, die man aber nicht operieren kann, weil man zu viel von der Leber mitnehmen müßte. So wachsen die Metastasen weiter, das Lebergewebe wird weniger, die Leberfunktion immer schlechter, die Entgiftung des Blutes funktioniert nicht mehr, Giftstoffe belasten besonders das Gehirn, es kommt zum Leberkoma, dieses führt schließlich zum Tode.

Zeitangaben über die verbleibende Lebenszeit zu machen, ist niemals möglich und auch unverantwortlich. Niemand weiß, wie sich die Krankheit im Einzelfall entwickelt, welche Komplikationen evtl. hinzukommen. Es gibt keinen Regel- oder Durchschnittspatienten, selbst wenn man statistische Mittelwerte errechnet.
Ich lebe nicht in der Statistik. Ich lebe im Leben! In den Freuden des Alltags. Im Glück einer Beziehung.
Ein Arzt sagte mir 12 - 18 Monate voraus, wenn ich eine bestimmte schulmedizin. Behandlung nicht mache. Das war vor fast 10 Jahren. Ich habe sie nicht gemacht, aber das ist ein anderes Thema.

"Ich mache mir große Sorgen und habe oft Angst, dass es vielleicht schon seine letzten Wochen sein könnten und ich davon gar nichts weiß."
Das wirst Du nie wissen, das wird Dir hier auch niemand sagen.
Vielleicht hat Dein Vater morgen einen Herzinfarkt. Wer sollte Dir sowas voraussagen?

"Lebe jeden Tag so, als sei es dein letzter," sagte jemand. Das können wir auf jeden unserer Mitmenschen übertragen. Wenn wir jemandem etwas gutes tun oder sagen wollen, dann kann es nie zu früh sein. Vielleicht aber zu spät.
Wenn Du viel Zeit mit Deinem Vater verbringen möchtest, dann tu es einfach. Wenn Du mit Deinem Vater reden möchtest, tu es.
Nicht die Dauer des Lebens ist wichtig, sondern der Inhalt.
Worte können heilen. Gute, interessante, spannende, liebevolle Gespräche lassen die Zeit vergessen und können das Leben verlängern.

Ich wünsche Dir die Kraft und auch die Freude, Deinen Vater in seinen letzten Tagen, Wochen, Monaten, Jahren zu begleiten.
Liebe Grüße,
Rudolf
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