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Alt 22.08.2010, 10:23
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hope38 hope38 ist offline
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Registriert seit: 14.05.2006
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Standard AW: habe heute chemo-und strahlentherapie begonnen

Ihr Lieben,
schon soooo lange habe ich nichts mehr geschrieben. Aber heute ist ein besonderer Tag, da möchte ich meine Gedanken niederschreiben:

Am 22. August 2006, wurde ich operiert. Jetzt um diese Zeit etwa wurde ich in den OP gebracht. Meine Güte, war das alles schrecklich irgendwie, unwahr. Ich kann so vieles nachfühlen, wenn ich mich zurück erinnere und es macht ein schales Gefühl, ein taubes. In mir ist damals ganz ganz viel zerbrochen. Nicht mal mehr für Angst vor der OP war Platz. Nicht mal dafür...
Hinter mir lag die bisher schlimmste Zeit meines Lebens: Eine niederschmetternde Diagnose, eine lange Therapie mit täglichen Fahrten zur Bestrahlungsklinik und in die Onkologie für die "Pumpe" und das Oxaliplatin. Wahnsinn, wenn ich daran denke, wie ich morgens mein Handtuch nahm und auf das Taxi wartete, während drin im Haus meine kleinen Kinder heulten und nicht bei Oma bleiben wollten. Mein Herz weinte auch mit ihnen.
Und dann der 22. August. Viel Erinnerung habe ich nicht daran, weiß nur, daß ich irgendwann spürte, wie man mir den Tubus zog und da stand auch schon mein lieber Mann. Und ich wurde gefragt, ob mein Vater kommen dürfe und das durfte er. Er stand ein wenig weiter weg von meinem Bett und sah betrübt aus. Ich hatte kein Gespür für mich, meinen Körper. Alles war fremd und benebelt. Seltsam!
Es folgten viele Tage im Krankenhaus, viele Tränen, viel Angst.
Mich hat all das nachhaltig verändert. Mein Lebenstenor ist nun ein anderer. Noch habe ich kein richtiges Gefühl dafür, wie es sich nun nennt, wie es sich anfühlt, aber ich werde hineinwachsen in diesen neuen Umhang, ganz sicher. Bin schon so viel gewachsen in dieser Zeit.
Angst vor dem Tod habe ich nicht. Aber auch keine Angst mehr vor dem Leben. Das war nicht immer so. Manchmal hat mich diese Ungewißheit, diese Frage "Werde ich gesund oder nicht" schier in den Wahnsinn getrieben. Nun kann ich damit leben,habe mich arrangiert damit.
Auch heute, 4 Jahre später, fühle ich mich nicht heil, nicht gesund. Ich werde nicht wissen, ob "er" nicht wiederkommt, mich nicht wieder niederstreckt. Ich lebe von der Hoffnung darauf, daß "er" genug von mir hat

In diesem Sinne wünsche ich Euch allen, die mich auf diesem Weg begleitet haben, einen warmen Sonntag mit Sonne im Herzen,
Leena
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am 02.05.2006 Rektum-Ca-Diagnose, Chemo+Bestrahlung, OP im August 2006, danach von 11/06 bis 02/07 adjuvante Chemo, Anlage eines Ileostomas, Rückverlegung in 01/09

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